Die Czernowitzer Presse: Ergebnis und Ferment der Modernisierung. Zum Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und urbaner Entwicklung in der Bukowiner Provinzmetropole
Das Projekt besteht in einer Untersuchung der Bedingungen, die zur Herausbildung einer lokalen Czernowitzer (und Bukowiner) Öffentlichkeit geführt haben, d. h. in der Identifizierung aller Faktoren, die im Laufe der Entwicklung des bürgerlichen Lebens in der Provinzhauptstadt eine Organisation des Nachrichtenverkehrs und damit eine endgültige Abgrenzung zwischen der "privaten" und der "öffentlichen" Sphäre notwendig machten. Die Moderne kann auch aus der Perspektive der "kommunikativen Rationalisierung" traditioneller Gesellschaften betrachtet werden; prozeßhaft konstituierten sich die keimenden Elemente des lokalen kommunikativen Netzes in Czernowitz als "Öffentlichkeit" und gaben dadurch einen Ansporn zur Herauskristallisierung der urbanen Lebenswelt, in der sich die bürgerlichen Interessen, Mentalitäten und Verhaltensstile entfalten konnten. Die Analyse dieses Prozesses erlaubt eine genauere Bestimmung des "Metropolen"-Begriffs in Hinblick auf den Status verschiedener Provinzstädte der Habsburger-Monarchie im 19. Jahrhundert. Indem die Presse als eine der genuinen Manifestationen der "Kultur" als "symbolische Praxis" des Bürgertums betrachtet werden darf, erlaubt die Prüfung der Bedingungen ihrer Expansion in der Bukowiner Provinz auch Schlußfolgerungen bezüglich der dortigen "bürgerlichen" Kategorien und in erster Linie des Kontaktes bzw. Konfliktes zwischen einer liberalen, mitteleuropäisch geprägten deutsch-jüdischen Großbourgeoisie und der national engagierten "autochthonen" Intelligenz.
Professor für Germanistik an der Alexandru-Ioan-Cuza-Universität, Iasi (Rumänien)
U. a. Paul Celan si meridianul sau (Iasi 1998); Czernowitzer Geschichten. Über eine urbane Kultur in Mittel(Ost)-Europa (Wien 2003)