Theater des Ausgleichs. Drama und Diplomatie 1648–1789
Die Geschichte der europäischen Fürstenhöfe kennt seit der Renaissance Gesandte, doch erst die Verhandlungen des Westfälischen Friedens zur Mitte des 17. Jahrhunderts führen zu einer institutionellen Aufwertung der Diplomatie im Spiegel des europäischen Gleichgewichts (Völkerrecht, négociation permanente, Diplomatie als Berufsstand) und zur Etablierung neuer diplomatischer Praktiken (Zeremonialwissenschaft, Verhandlungskunst). Dabei rücken nicht nur rhetorische Redehandlungen und decorum, sondern auch der Imaginationsraum des Theaters und der Rollenfächer in den Mittelpunkt. Diesem Prozess korrespondiert eine konzeptionelle Verschiebung auf den Theaterbühnen des 17. und 18. Jahrhunderts – von einer transzendenz- zu einer immanenzorientierten Dramatik, die in die ästhetischen und poetologischen Debatten des ausgehenden 18. Jahrhunderts münden wird. Während sich die Diplomatie im Medium des Theaters reflektiert und inszeniert, lassen sich dramatische Gattungsbewegungen und dramaturgische Techniken (Auftritt, Botenbericht, Sprechen ad spectatores, Spiel im Spiel, Intrige etc.) nicht nur als Probe der „menschlichen Mittel“ (Balthasar Gracián) auf der Bühne des Theaters, sondern auch als Vermessungen des diplomatischen Spielraums verstehen. Im Spannungsfeld von Drama und Diplomatie fragt das Forschungsprojekt nach Darstellungsformen des Ausgleichs sowie Operationen und Aporien der Anerkennung.
Clemens Peck studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Wien, Berlin und Salzburg. 2007/2008 war er IFK_Junior Fellow und IFK_Fellow Abroad am UCL (London) und an der University of Nottingham, seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg. Clemens Peck ist IFK_Research Fellow.
(u. a.): Im Labor der Utopie. Theodor Herzl und das „Altneuland“-Projekt, Berlin 2012; Juif errant ou homme éternel? Ahasver comme un monstre du progrés dans le XIX. siècle, in: Peter Kuon, Danièle James-Raoul (Hg.), Le monstrueux et l’humain, Bordeaux 2012, S. 199–208; Schall und Wahn. Andere Orte der Erinnerung in Peter Handkes „Versuch über die Jukebox“, in: Thomas Wegmann, Norbert Christian Wolf (Hg.), High and Low. Zur Interferenz von Hoch- und Populärkultur in der Gegenwartsliteratur, Berlin 2011, S. 97–119; Paralysis progressiva. Zur Figuration des Bildungsproletariats in Jakob Julius Davids „Am Wege sterben“, in: IASL 35 (2010), Nr. 2, S. 37–60.
Clemens Peck lehrt und forscht an der Universität Salzburg. Sein Buch „Im Labor der Utopie“ ist im Jüdischen Verlag erschienen und geht den Ideen Theodor Herzls zu einer zionistischen Zukunftsgemeinschaft nach.
Die französischen Praktiken der höheren Diplomatie des 18. Jahrhunderts wurden von Wissenschaftern und Staatsmännern als Lenkrad der Geschichte eingeschätzt, aber auch als Kunstform, die den Regeln des Theaters entspricht, so Clemens Peck in seinem Vortrag über das Verhandeln als Kategorie der dramatischen Künste.