Vom Umgang des Rechts mit Bildern
Die Tendenz hin zu einer visuellen Aufrüstung der Kultur ergreift auch das Recht. Zwar gilt das Recht als bilderfeindlich. Das Gerichtsverfahren ist eine rhetorische Angelegenheit, und lange Zeit waren Bilder lediglich in versprachlichter Form zugelassen. Doch bedarf auch das Recht vielfach der Bilder: Seine Institutionen wären nicht adressierbar ohne visuelle Repräsentation, und auch die Wahrheitssuche der Gerichte arbeitet mit Bildern in Form von optischen Beweismitteln wie Tatortskizzen oder Videoaufnahmen. Die über Jahrhunderte vom Recht ausgeübte Domestizierung der Bilder droht nun aufzubrechen. Überwachungskameras und Videoaufzeichnungen sprengen die geschlossene Welt des Gerichtssaals. Immer direkter verpflichten sie das Recht auf die Eigenlogik des Bildmediums.Cornelia Vismanns Vorhaben am IFK steht im Fluchtpunkt dieser These von der Entmachtung des Rechts durch die Bilder. Es geht der Frage nach, wie der Einsatz von bestimmten Medien die Szene vor Gericht beeinflußt. Wie setzen Amtskleider (Richterroben und Herrschermäntel) Souveränität ins Bild, und wie irritiert etwa die Mode den staatlichen Insignienapparat? Welche Macht entfalten Fotografien, die zu Beweiszwecken vor Gericht zugelassen werden, und wie verändert die Anwesenheit von Filmkameras den Verfahrensablauf? Und schließlich: Mit welchen Argumenten wird die Debatte um Fernsehübertragungen von Gerichtsverhandlungen geführt?
Rechtsanwältin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt/M.
U. a. mit Albrecht Koschorke (Hg.): Widerstände der Systemtheorie. Kulturtheoretische Überlegungen zum Werk von Niklas Luhmann (Berlin 1999); Akten. Medientechnik und Recht (Frankfurt/M. 2000); mit Friedrich Kittler: Vom Griechenland (Berlin 2001)