Alois Riegl - Geschichte der Kulturwissenschaften
Innerhalb der Geisteswissenschaften kommt es gegenwärtig vor allem in den USA zu einer Neu- bzw. Wiederentdeckung der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei das Werk Alois Riegls. Riegl (1858-1905), der "eigentliche Begründer der Wiener kunsthistorischen Forschung" (J. v. Schlosser) gilt heute nicht bloß als prominenter Vertreter einer Kunstgeschichte als Stilgeschichte und als Impulsgeber für die Entwicklung der formalen Ästhetik, sondern auch als Wegbereiter der sogenannten kunsthistorischen Rezeptionsästhetik, als Ahnherr des pictural turn und schließlich als Vorläufer der cultural studies. Trotz der hohen Wertschätzung, die Riegl genießt, ist es bislang verabsäumt worden, das Fundament seiner Theorie, nämlich die von ihm verwendeten Grundbegriffe zu erforschen. Das ist insofern erstaunlich, als ihre Wirkungsgeschichte doch beträchtlich war – zu verweisen ist etwa auf den Begriff des optischen und haptischen Raumes, der bei Walter Benjamin und später bei Gilles Deleuze / Félix Guattari wiederkehrt. Richtet man den Blick indes weiter zurück, so zeigt sich, daß um 1900 viele der von Riegl gebrauchten Begriffe auch in anderen Disziplinen (besonders in der Naturwissenschaft und in der Wahrnehmungslehre) diskutiert wurden. Ziel der Tätigkeit am IFK ist es deshalb, die Genese der Rieglschen Terminologie zu rekonstruieren, um auf diese Weise Schnittstellen zwischen der Kunsttheorie und den Naturwissenschaften in der Wiener Moderne aufzuzeigen.
Mag. phil., geboren 1969 in Schladming, Österreich, Studium der Kunstgeschichte in Wien und Utrecht
U.a. Die Wiener Schule der Kunstgeschichte und die Entwicklung der Humanwissenschaften in Österreich, in: Karl Acham (Hg.): Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften, Bd. 5, (Wien 2001, im Druck); "Ich möchte eine Heroine sein" – Über die Lust und den Tod am Vorabend des Krieges, in: Zeitgeschichte, März 2001.