Weltkino. Hollywood als ästhetischer Artikulationsraum von Globalität
Neben geläufigeren Konzepten wie "Weltliteratur", "Weltkunst" oder "Weltmusik" taucht in rezenten Diskussionen immer häufiger der Begriff "Weltkino" auf. Die vornehmlich in den angloamerikanischen Kulturwissenschaften unternommenen Ansätze, ein "World" oder "Transnational Cinema" zu definieren, zeichnen sich dabei durch ein auffälliges Desinteresse am zeitgenössischen Hollywoodkino aus. Dieser mitunter auch normativ und ästhetisch aufgeladenen Delegitimierung entspricht eine in der gegenwärtigen Diskussion nur vage inhaltliche Profilierung des Weltkino-Begriffs, die weniger an problematischen Versuchen ästhetischer Kanonisierungsprozesse interessiert zu sein scheint als an einer möglichst umfassenden Kartierung lokaler Kinoräume in der Welt.Il-Tschung Lim schlägt demgegenüber vor, gerade Hollywood als eine paradigmatische Form von Weltkino zu untersuchen. Von Interesse ist dabei auch die diskursive Praxis inhaltlicher Besetzungskämpfe der Weltkino-Formel, die schon begriffslogisch eine Praxis des forschungsprogrammatischen Ausschlusses widersinnig macht; aber vor allem soll anhand ausgewählter Beispiele ein vielfach als ""postklassisch"" etikettiertes ästhetisches Artefakt untersucht werden, mit dem das zeitgenössische Hollywoodkino sogar zu einer besonders geeigneten medienästhetischen Konfiguration eines Weltkinos avanciert. Die Kinopostklassik aus Hollywood investiert maßstabsetzend in eine globalisierungsaffine Ästhetik der Oberfläche, die sich den Ansprüchen narrativer Komplexität widersetzt, wirkungsästhetisch eine gegenüber dem klassischen Erzählfilm andere dispositive - mehr körperintensive, weniger textuelle - Macht über die globale ZuschauerInnenschaft ausübt und schließlich darüber ihre weltweite Resonanz sicherstellt.
Il-Tschung Lim studierte Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin, seit 2005 arbeitet er am Promotionskolleg "Formations of the Global: Globalisierung aus kulturwissenschaftlicher Perspektive" an der Universität Mannheim.
(u. a.): Politik der Inklusion - Adressabilität und Ökonomie der Macht bei Niklas Luhmann, in: Martin Krol, Timo Luks, Michael Matzky-Eilers, Gregor Straube (Hg.), Macht - Herrschaft - Gewalt. Gesellschaftswissenschaftliche Debatten am Beginn des 21. Jahrhunderts, Münster 2005, S.135-144; Hybridity, in: Austin Harrington, Barbara L. Marshall, Hans-Peter Müller (Hg.), Encyclopedia of Social Theory, London/New York 2006, S. 257-258; Globalität als Spiel filmischer Oberflächen: Zu einer Ästhetik und Aisthetik der Mitteilung im postklassischen Hollywood-Kino, in: Malda Denana u. a. (Hg.), Blick.Spiel.Feld., Würzburg (erscheint 2007).