Irreguläres Schlachten! Zu Formen ungleichgewichtiger militärischer Gewalt im French and Indian War (1754–1763)
Seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts ist zu beobachten, wie sich die neuen stehenden Heere zu einer eigenständigen politischen Organisation entwickelten. Seit dieser Zeit gewann die Unterscheidung zwischen „zivil“ und „militärisch“ überhaupt erst an Kontur. Die Vollzugsformen militärischer Handlungen wurden nicht mehr nur, wie zuvor, in Begriffen der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit beschrieben, sondern auch in solchen der Regularität oder Irregularität. An diesem Punkt setzt das Projekt an. In seinem Mittelpunkt stehen einige markante Niederlagen, die britische Truppen im French and Indian War erlitten. Es setzt sich zum einen damit auseinander, auf welche Weise es den europäischen Kriegsparteien gelang, ihre indigenen Verbündeten zielgerichtet für jene „schmutzigen“ Formen des Kriegs einzusetzen, über die die europäischen Theoretiker schon längst nachzudenken begonnen hatten; von indigenen Kombattanten verübte „Massaker“ konnten so zum Teil des militärischen Kalküls werden. Zum anderen ist zu verfolgen, wie die europäischen Gesellschaften jene Irritationen bearbeiteten, die aus der Kooperation und Konfrontation mit einer Ethnie hervorgingen, die zwar „barbarisch“ zu sein schien, ohne deren Kenntnisse allerdings kein Krieg erfolgreich zu führen gewesen wäre.
Nach dem Studium der Geschichtswissenschaft und Deutschen Sprache und Literatur an den Universitäten Hamburg und Stirling (Schottland) war Jan M. Sawilla Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für die Geschichte der Frühen Neuzeit in Hamburg. Nach der Promotion, die auf einer historiografiegeschichtlichen Dissertation beruhte, war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter unter anderem am Bielefelder Graduiertenkolleg 1049 „Archiv, Macht, Wissen“, am Konstanzer Sonderforschungsbereich 485 „Norm und Symbol“ und am Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der Universität Konstanz. Im Rahmen des Konstanzer Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ arbeitet er gegenwärtig an einem Projekt, das sich mit Formen ungleichgewichtiger kriegerischer Gewalt in der Frühen Neuzeit befasst. Seine Forschungsinteressen gelten der Historischen Semantik, den Strukturen der Temporalität in der Frühen Neuzeit, frühneuzeitlichen Kulturen der Gewalt sowie der frühneuzeitlichen Konstituierung sozialer Normen und ihren medialen Bedingungen.
Das Unmenschliche, das Recht und die Zahl. Zur Genese des „Massakers“ und der Quantifikation der Unaussprechlichkeit im 16. Jahrhundert, in: gem. mit Jan Behnstedt, Rudolf Schlögl (Hg.), Jenseits der Ordnung. Zur Mächtigkeit der Vielen in der Frühen Neuzeit (in Vorbereitung); gem. mit Rudolf Schlögl (Hg.), Medien der Macht und des Entscheidens. Schrift und Druck im politischen Raum der europäischen Vormoderne (14.–17. Jahrhundert), Hannover 2014; Klerikale Invasionen oder: Wer waren die Jesuiten, in: Joel B. Lande, Rudolf Schlögl und Robert Suter (Hg.), Dynamische Figuren. Gestalten der Zeit im Barock, Freiburg i. Br. 2013, S. 143–183; Zwischen Normabweichung und Revolution – „Krise“ in der Geschichtswissenschaft, in: Carla Meyer, Katja Patzel-Mattern, Gerrit Casper Schenk (Hg.), Krisengeschichte(n). „Krise“ als Leitbegriff und Erzählmuster in kulturwissenschaftlicher Perspektive, Stuttgart 2013, S. 145–172.
Am 10. März des Jahres 1755 landeten zwei Regimenter britischer Soldaten unter dem Befehl General Edward Braddocks in Hampton, Virgina. Knapp vier Monate später waren der General und der größte Teil seiner Truppen nicht mehr am Leben. Französische Einheiten und ihre indigenen Verbündeten hatten sie buchstäblich abgeschlachtet. Was war geschehen?