Zwischen "virtueller Metropole" und "literarischem Dorf"
In dem Projekt möchte Lutz Ellrich die handlungsleitenden Vorstellungen, die die "Cyberelite" von der zukünftigen Raum- und Sinnordnung der Weltstädte besitzt, in Beziehung zu den Großstadtfiktionen in der Gegenwartsliteratur setzen.Zu den zentralen Motiven in der Gedankenwelt der "Cyberelite" gehört die Annahme, daß kompakte räumliche Installationen geschaffen werden müssen, die eine dauerhafte Mensch-Maschine-Schnittstelle sicherstellen. Auf dieser Basis können dann in der "Umwelt" des stabilen Systems, das den menschlichen Körper mit den technischen Apparaturen verknüpft, tendenziell alle herkömmlichen Begriffe zur Disposition gestellt werden. Im Medium Buch, das die Großstadt zum Sujet wählt, wird eine Gegenposition zum Medium Computer bezogen. Die Texte huldigen nicht der "virtuellen Metropole", die aus elektronischen Bauelementen besteht. Hier feiert sich vielmehr das "literarische Dorf" als Errungenschaft, die globale Züge trägt: Denn der aktuelle Stadtroman beschreibt in ethnographischer Dichte die Konstruktion von neuen Gruppenidentitäten und Kulturmustern, seien sie (wie in London oder New York) postkolonial geprägt, seien sie (wie in Berlin) fixiert auf den politisch scheinbar überwundenen Eisernen Vorhang, der als "literarische Mauer" wiederersteht. Fiktionalisierte Metropolen aus "Stein und Fleisch" (Sennett) treffen auf imaginierte "Global Cities" aus Symbolen und Daten. Ziel des Projekts ist es, die gegensätzlichen Ideen über die kulturelle Bedeutung der Metropolen zu kombinieren, ohne das Konfliktpotential, das beide Perspektiven enthalten, zu unterschlagen.
Privatdozent am Institut für Informatik und Gesellschaft, Universität Freiburg
U. a. Verschriebene Fremdheit (Frankfurt a.M./New York 1999); Überbieten, Unterlaufen, Koperieren, in: C. Funken (Hg.): Soziologischer Eigensinn. Zur Disziplinierung der Sozialwissenschaften (Opladen 2000), S. 123-142; Der mediale Normalismus und die Rolle der "digitalen Elite", in: J. Almendinger (Hg.): Die Gute Gesellschaft (Opladen 2001)