Kontakte knüpfen. Netzwerktheorie und Aufklärungsforschung
Das Projekt zielt auf die Neudefinition eines in der Aufklärungsforschung gut eingeführten Themas: die literarischen Freundschaftsbünde, von denen die zahlreichen Briefwechsel zeugen, die im 18. Jahrhundert Studenten, Gelehrte und Literaten mit Hofbeamten, Pfarrern und Juristen verbinden. Wurden die Freundschaftsbünde in der Sozialgeschichte der Literatur bislang als Vorformen freiwilliger – moderner – Gruppenbildung und unter dem Schlagwort „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (J. Habermas) bearbeitet, setzt das Projekt auf den Einsatz des netzwerktheoretischen Vokabulars und Instrumentariums. Wichtige Referenzen sind die soziometrischen Schriften J. L. Morenos sowie die organisationssoziologischen Arbeiten M. Granovetters und H. Whites. In Aussicht gestellt wird eine Literaturgeschichte der Aufklärung, die an die jüngsten Diskussionen um eine symmetrische Historiografie anschließt.
Nacim Ghanbari studierte Deutsche Literatur, Geschichte und Philosophie in Hannover und Konstanz, wo sie mit einer Arbeit zum Thema „Das Haus. Eine deutsche Literaturgeschichte 1850–1926“ promovierte. Sie war 2004 bis 2007 Promotionsstipendiatin im Graduiertenkolleg „Die Figur des Dritten“ und 2005 (Februar bis Juni) Visiting Research Scholar am Department of Germanic Studies, University of Chicago.
Das Haus. Eine deutsche Literaturgeschichte 1850–1926, Berlin/Boston 2011; Die Bauern, der Neid und die Logik knapper Güter. George M. Foster wiedergelesen, in: Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1, 2011, S. 73–80; Dynastisches Spiel. Theodor Fontanes „Vor dem Sturm“, in: DVjs 85 (2), 2011, S.186–207; gem. mit Albrecht Koschorke, Eva Eßlinger, Sebastian Susteck, Michael T. Taylor, Vor der Familie. Grenzbedingungen einer modernen Institution, München 2010.
Als Sinnbild hat der Begriff „Netzwerk“ seit langem in vielen Texten der Literatur- und Kulturwissenschaften Konjunktur. Es ist daher umso erstaunlicher, dass netzwerktheoretische Analysen und Feststellungen ebendort keinen Eingang finden. Das Fehlen dieses Konzepts der Erkenntnis moniert und ergründet Nacim Ghanbari in ihrem Vortrag.