Islam und Subjektbildung in literarischen Texten des 21. Jahrhunderts
Zu den virulentesten Debatten der Gegenwart zählt zweifelsohne der Islamdiskurs. Oftmals lässt sich eine Verwechslung des genuin Religiösen mit dem Soziokulturellen beobachten. Die geplante Studie nimmt erstmals neuere literarische Texte aus unterschiedlichen kulturellen Regionen (Afrika, Asien, Europa) in den Fokus und analysiert sie in zweierlei Hinsicht. Erstens geht es darum aufzuzeigen, wieweit das Repertoire der Mehrdeutigkeit islamischer Lebenserfahrungen sowie Kulturen im Kontext der Moderne intertextuell und intermedial gespiegelt werden. Zweitens soll ausgelotet werden, wie sich das Subjekt bzw. das „Ich“ im Kontext plurikultureller und -religiöser Räume bildet, wie es seine Religiosität den gesellschaftlichen Ordnungen anpasst und sich im Verlauf des Prozesses verwandelt. Dabei zeichnen sich in vielen Fällen eine Rekonfiguration und Neueinbettung der Religion in die Moderne ab. Literarische Texte, so die Hypothese, können als Bildungstexte betrachtet werden, die zur Entgrenzung des Islambildes beitragen und somit alternative Denkräume erschließen können.
Nadjib Sadikou studierte Germanistik und Islamwissenschaft an der Université d’Abomey-Calavi (Benin) und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 2002 erhielt er ein Stipendium des DAAD für die Bearbeitung seiner Magisterarbeit an der Universität Münster. Im Dezember 2010 promovierte Nadjib Sadikou in Neuerer deutscher Literatur und Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft an der Universität Tübingen mit seiner Dissertation „Erziehung zwischen den Kulturen. Die Darstellung von Erziehungsprozessen in deutscher und afrikanischer Literatur des 20. Jahrhunderts“. Von 2010 bis 2014 war Sadikou wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Wertewelten“ an der Universität Tübingen. Seit 2015 ist Nadjib Sadikou Lehrbeauftragter am Deutschen Seminar der Universität Tübingen.
Transkulturelles Lernen. Literarisch-pädagogische Ansätze. Frankfurt/Main u. a. 2014; Grenzziehung oder Grenzüberwindung – Aspekte transkulturellen Lernens in der Gegenwart, in: Heinz-Dieter Assmann, Frank Baasner, Jürgen Wertheimer (Hg.), Grenzen, Baden-Baden 2014, S. 219–231; Kunst der Verschränkung. Zur Konfluenz der Kulturen in europäischen Texten der Gegenwart, in: Christina Gössling-Arnold u. a. (Hg.), Globale Kulturen – Kulturen der Globalisierung, Baden-Baden 2013, S. 123–133; Erziehung zwischen den Kulturen. Die Darstellung von Erziehungsprozessen in deutscher und afrikanischer Literatur des 20. Jahrhunderts, Hamburg 2011.
In der gegenwärtigen Zeit religiösen Aufruhrs erleben wir eine sich komplex gestaltende Begegnung zwischen Kulturen und Religionen. Spätestens seit den Pariser Attentaten ist die Debatte um Identitätsfindung und -bildung in den Religionen (v. a. Islam) neu entbrannt.