Das Gesicht im Zeitalter seiner plastischen Reproduzierbarkeit
Die plastische Chirurgie fühlt sich schon seit dem 16. Jahrhundert auch für Aufbesserungen des psychischen Apparats zuständig und lockt ihre KundInnen mit Versprechungen nach Glück, Erfolg, Identität, Individualität etc. Gegenwärtig verstehen sowohl Chirurgen als auch deren Klientel das Gesicht als Signifikant einer dahinter verorteten Psyche. Im Gegensatz dazu aber folgern manche Schönheitsberater, dass es für die plastische Chirurgie darum geht, die Medialisierung des Gesichts zu erhöhen, bis schließlich "das perfekte Medium gar keine Botschaft mehr tragen muss, sondern in der Selbstthematisierung als Medium in ein Stadium der Selbstgenügsamkeit einkehrt" (Wolfgang Pauser). Während also einerseits das Gesicht (noch) als Botschafter der Person gilt, sieht die andere Seite die wahre Botschaft des Gesichts darin, beliebig bespielbar zu sein wie ein Fernsehbildschirm. Wovon das Gesicht nun auch Kunde geben mag: In jedem Falle materialisiert die plastische Chirurgie an ihm unser gegenwärtiges Menschenbild.Das Projekt unternimmt den Versuch, die plastische Chirurgie als Teil einer kulturell kodierten Blick- und Bildpraxis zu lesen, in der zumindest zwei historische Stränge von Bildpraxen zusammenlaufen: das Bild am Körper (die Maske) und das dem Körper veräußerte Bild seiner selbst (das Porträt), welche beide mit je unterschiedlichen Menschenbildern einhergehen. Ob das Gesicht auf ein psychisches System verweist oder aber die Medialität des Gesichts tatsächlich die zentrale Botschaft darstellt, soll anhand von qualitativ-rekonstruktiv orientierten Videoanalysen der MTV-Serie "I want a famous face" und Analysen von öffentlichen sowie fachlichen Diskursen über die plastische Chirurgie untersucht werden.
U. a.: Silence, Music and Other Stories. The narrative study of lives in politics of control, in: Psykologisk Tidsskrift