Epochen und Figurationen des „deutschen Geistes“
Das Dissertationsprojekt „Epochen und Figurationen des ‚deutschen Geistes‘“ untersucht den „Geist“ als emblematische Chiffre eines spezifischen Kulturmodells. Dabei steht insbesondere die Frage des kulturellen Anschlusses nach 1945 zur Diskussion, in der das nationale Emblem des „deutschen Geistes“ desavouiert wird, nicht aber die bislang in ihm gebündelten, sich ausdifferenzierenden Denk- und Affektfiguren missbilligt werden.
Anhand literarischer, aber auch politischer, juristischer und theologischer Texte sollen die Geschichte des deutschen Geistes (seiner Traditionsstränge) sowie die Frage, wie das „Verschwinden“ zu fassen ist, analysiert werden. Hierbei geht es weniger um eine einseitig chronologische Darstellung als vielmehr um die Offenlegung der Kontinuitäten und Zäsuren. Beabsichtigt ist, die Geschichte des Emblems als Emblem darzustellen und der Frage nachzugehen, wie und auf welche Weise der Geist weiterhin durch die Geschichte „spukt“.
Thorben Päthe studierte Neuere deutsche Literatur, Neuere und neueste Geschichte und Politikwissenschaft in Kiel und München; er war von 2009 bis 2011 Koordinator des Internationalen Forschungskollegs „Gegenwelten. Religiöse Ordnungsmodelle der säkularen Moderne“ an der LMU München und ist seit 2010 assoziiertes Mitglied im DFG-Graduiertenkolleg „Das Reale in der Kultur der Moderne“ an der Universität Konstanz.
gem. mit Clemens Pornschlegel (Hg.), Zur religiösen Signatur des Kapitalismus, München 2014, darin: Die Verabschiedung des Götzen. Brechts Baal und Mahagonny, S. 151–175; „... aber niemand, niemand kann nach Indien führen“ – Messianische Figuren und paulinische Wendungen in Franz Kafkas „Ein Landarzt“, in: Sabine Biebl und Clemens Pornschlegel (Hg.), Paulus-Lektüren, München 2013, S. 115–142; Vom Gastarbeiter zum Kanaken. Zur Frage der Identität in der deutschen Gegenwartsliteratur, München 2013.
Bis ins frühe 20. Jahrhundert wird der „deutsche Geist“ in staatspolitischen Schriften wie in literarischen Texten – von Klopstock, Schiller und Kleist bis hin zu Hofmannsthal und Thomas Mann – immer wieder aufs Neue beschworen. Wenngleich sich die jeweiligen Wiederaufgriffe in Nuancen unterscheiden, überwiegen doch die unübersehbaren Kontinuitäten, die den „deutschen Geist“ auch nach 1945 gelegentlich weiter „spuken“ lassen.