Koloniale Hautbilder in der europäischen Bildnismalerei der Frühen Neuzeit
Das Projekt untersucht die Codierung von Hautfarben zu Identitätsmarkern in der Bildnismalerei des 17. und 18. Jahrhunderts im Kontext der europäischen Expansion und des transatlantischen SklavInnenhandels. Es geht um die visuelle Evidenz eines "epidermischen Rassenschemas" (Frantz Fanon), das nach der politischen Dekolonisierung um die Mitte des 20. Jahrhunderts keineswegs verschwand und seit 1990 im Zuge der Globalisierungsprozesse aktualisiert wurde. Die heftigen Reaktionen, die der bloße Anblick dunkler Hautfarbe auslösen kann, sind Symptome ihrer affektiven Aufladung im kollektiven Imaginären. Auf dem Spiel steht immer die eigene Haut, die selbst ein "lebendes Bild" ist, dessen Bedeutung im Blick der anderen entsteht. Die Analyse des Bildnistyps mit Mohrenpagen kann Einblicke in diese Zusammenhänge bieten, die die Kontexte und Texte der medizinischen und poetischen Hautdiskurse nicht erlauben. Es geht nicht um das Bild des Schwarzen in der europäischen Malerei, sondern um kulturelle Konstruktionen von whiteness und um Körperfarben und Hautbilder als visuelle Medien transkultureller Prozesse. Im Mittelpunkt des Interesses stehen künstlerische Lösungen, die vom hegemonialen Diskurs abweichen und Spielräume für alternative Modelle bieten, an die sich heute aus postkolonialer Perspektive zu erinnern lohnt.
Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Trier; Gastprofessuren in Wien, Cotonou (Benin), Dartmouth College (USA)
U. a.: gem. mit Jean Back (Hg.), The Family of Man 1955–2001. Humanismus und Postmoderne, Marburg 2004; Liotards Bart. Transkulturelle Maskeraden der Männlichkeit, in: Mechthild Fend, Marianne Koos (Hg.), Männlichkeit im Blick: Visuelle Inszenierungen in der Kunst seit der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2004; gem. mit Karl Hölz, Herbert Uerlings, Weiße Blicke. Geschlechtermythen des Kolonialismus, Marburg 2004; Das koloniale Unbewusste in der Kunstgeschichte, in: Irene Below, Beatrice von Bismarck (Hg.), Globalisierung/Hierarchisierung. Kulturelle Dominanzen in der Kunstge-schichte, Marburg 2005; Klassizismus und Sklaverei. Funktionswandel kultureller Differenz in Girodets „Portrait du Citoyen Belley“ und Benoists „Portrait de Negresse“, in: Hansjörg Bay, Kai Merten, Die Ordnung der Kulturen. Zur Konstruktion ethnischer, nationaler und zivilisatorischer Differenzen 1750–1800, Würzburg 2006.