In leisen Tönen und mit hintergründiger Ironie erzählen drei zwischen 2004 und 2011 entstandene Romane die Geschichte der unsterblichen Hoffnung auf eine bessere Welt. Drei Generationen einer entwurzelten Familie werden Zeuge, wie die verschiedenen Modernisierungsprojekte Chinas aufgrund der Verstrickung von utopischer Vision und Realität scheitern.
Die Grundbesitzerstochter Lu Xiumi träumt von der Liebe und wird in den Wirren des untergehenden Kaiserreichs zur Revolutionärin, nachdem sie in eine Banditengemeinschaft entführt wurde. Diese orientiert sich an der Gesellschaftsordnung eines untergegangenen irdischen Paradieses, richtet am Ende aber ein Blutbad an. Ihr Sohn wird zugleich Täter und Opfer des maoistischen Utopismus. Angewidert vom Fallout des postsozialistischen Glückstraums flüchtet sich der Enkel in ein Paralleluniversum ästhetisch verbürgter Freiheit, wo Vorstellungen einer idealen Welt gewaltfrei entworfen und geteilt werden können. In baudelairescher Manier verwandelt der Autor den Unrat der jüngsten Geschichte in Blumen des Bösen. Alle Generationen eint das Festhalten am Traum vom gelingenden Leben, der sich zunehmend von den politisch umgesetzten Entwürfen der Moderne entfernt. Eine Konstante sind heterotopische Landschaften, die kürzlich auch den Künstler Qiu Zhijie zu einem filigranen Wandgemälde inspirierten.
Andrea Riemenschnitter ist Professorin für Moderne chinesische Sprache und Literatur an der Universität Zürich. Ihre aktuelle Forschung widmet sich verschiedenen Bereichen der sinophonen Gegenwartskultur. Im Wintersemester 2016/17 ist sie IFK_Senior Fellow.
Ort: IFK
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