24 März 2014
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IFK

LEBENSTEPPICH ORNAMENT: ZUR GENESE EINER FORM UM 1900

Ehemals bloß als Beiwerk und Brimborium gesehen, verselbstständigt sich das Ornament um 1900 und wird zur eigenständigen poetischen Form. Andrea Wald recherchiert den beginnenden Einsatz des Ornaments als autonome ästhetische Form.

 

Die BesucherInnen der Pariser Weltausstellung von 1900 betraten das Expositionsgelände durch ein von René Binet entworfenes ornamentalmonumentales Portal (siehe Abbildung), das der Architekt auf Grundlage von Zeichnungen des Evolutionsbiologen Ernst Haeckel („Die Radiolarien“, 1862) realisiert hatte. Es gilt heute als repräsentatives Gebäude des beginnenden Jugendstils. Andrea Wald untersucht in ihrem Vortrag die Genese des Ornaments als eigenständige Form in ihrer historischen Entwicklung sowie im Kontext ästhetischer und wissenschaftlicher Diskurse um 1900. Seit dem 18. Jahrhundert stand das Ornament unter dem Generalverdacht, ein problematischer Grenzfall zu sein, der die strikte Trennung zwischen Gegenstand und Zierde, Eigenständigkeit und Anhängigkeit, Freiheit und Zweckmäßigkeit unterläuft. Der Frage nachgehend, warum dieser Dualismus um 1900 in den Hintergrund tritt, wendet sich die Wissenschafterin zwei Wissensfeldern des 19. Jahrhunderts zu, die für die Genese des Ornaments als autonome Form von entscheidender Bedeutung sind: den biologischen und naturphilosophischen Studien Ernst Haeckels und der antihistoristischen Ornamenttheorie des Kunsthistorikers Alois Riegl. Für Haeckels Naturlehre und Riegls Theorie des Ornaments als schöpferischer Akt des Kunstwollens des Menschen ist das Ornament nicht Anhang, sondern bildet das Zentrum des Lebens selbst. Welche Auswirkungen die Entwicklung eines solchen Monismus auf die Künste hat, stellt Andrea Wald anhand zahlreicher Dokumente des Jugendstils dar.

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