16 Januar 2017
  • Lecture
IFK

REINE NERVENSACHE? PSYCHIATRIE UND NEUROLOGIE ZWISCHEN TOKIO UND WIEN UM 1900

Die Gründung des Institutes für Anatomie und Physiologie des Zentralnervensystems durch Heinrich Obersteiner in Wien im Jahre 1882 kann zweifellos als Geburtsstunde der Neurologie betrachtet werden. Im Vortrag wird der Frage nachgegangen, warum in diesem Labor schon nach wenigen Jahren besonders viele japanische Psychiater tätig werden sollten.

 

Während die Geschichte der Psychiatrie bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, ist die Disziplin der Neurologie vergleichsweise jung. Im 19. Jahrhundert interessierten sich vermehrt wissenschaftlich orientierte Universitätspsychiater für die Funktionsweise des Nervensystems, im Gegensatz zu den mit Therapiealltag beschäftigten Anstaltspsychiatern. Als Heinrich Obersteiner dann das erste Forschungslabor für Neurologie aufbaute, kam zusätzlich Interesse aus einer ganz anderen Richtung: dem Fernen Osten. Japanische Psychiater, die das gewachsene Zerwürfnis zwischen Universitäts- und Anstaltspsychiatrie nie kennengelernt hatten, dürften weniger Berührungsängste mit dem ehrgeizigen Unternehmen gehabt haben, die Psychiatrie naturwissenschaftlich zu fundieren, um aus Psychopathologie schlussendlich Neuropathologie zu machen. Sollte am Ende ein kleines Wiener Labor die Weichenstellung für die Entwicklung einer ganzen medizinischen Disziplin am anderen Ende der Welt beeinflussen können?



Bernhard Leitner studierte Japanologie und Philosophie in Wien und Tokio. 2015 war er Toshiba International Foundation Fellow und von 2013 bis 2016 uni:docs Fellow am Institut für Ostasienwissenschaften. Derzeit ist Bernhard Leitner IFK_Junior Fellow.

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