Bis zur Frühen Neuzeit gab es ein soziales wie juristisches Übereinkommen darüber, Kriminelle in Schandbildern öffentlich zu porträtieren. Ein Common Sense, der dieser Tage als längst abgeschlossen und unwürdig gilt. Dennoch sind wir in vielen Medien ständig mit Bildern konfrontiert, die das Ansehen eines Menschen zunichte machen. Wie entwickelte sich die Ikonografie der Schändung im Laufe der Jahrhunderte? Und wie werden im Rahmen dieser Praxis die Begriffe von Ruhm, „memoria“ und Ehre thematisiert? Fragen, denen der Kunsthistoriker Christian Joschke nachgeht.
Den effigies, den Porträts von Staatsmännern und Bildserien von zeithistorischen Figuren, werden in Recht und Brauchtum Schandbilder gegenübergestellt. Gegen Ende des Mittelalters und in der Frühen Neuzeit wurden Verschwörer, korrupte Beamte, insolvente Schuldner auf Schelterbriefen und Schandbildern porträtiert. Diese juristische und soziale Praxis gilt heute als aufgehoben. Das Recht habe die symbolische Bildstrafe endgültig aufgegeben, so die gängige Meinung, und der schändende Effekt der Bilder sei mit der Verbreitung und Banalisierung des Porträts in der gegenwärtigen Bilderflut entkräftet. Nichtsdestotrotz wird uns tagtäglich die immense Wucht vor Augen geführt, mit der Bilder den Ruf und das Ansehen eines Menschen ruinieren können. Heute noch werden Schandbilder mittels der Fotografie in verschiedensten Kontexten erzeugt, ohne dass man die objektivierende Funktion der Fotografie von ihrer symbolischen Tatkraft trennen kann. Diese Bilder zirkulieren in der Presse, auf öffentlichen Plakaten und im Internet, wo sie auch reichlich kommentiert werden. Was hat sich also im Zeitalter der Fotografie dabei geändert?
Ort: IFK
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