Georges de La Tours (1593–1652) Malerei ist nicht nur realistisch, sie ist hyperrealistisch: Sie ist so übervoll an Details, als wollte sie die Natur nicht bloß wiedergeben, sondern ihre Effekte überbieten. Daphne Jung folgt La Tours inszenierten Bildwelten, die künstlich und doch unmittelbar anmuten.
Haarsträhnen, die sich fein säuberlich zu Knoten kringeln, Flammen, die sich zu eleganten Arabesken winden, und Lichtflecken von geradezu liquider Substanz – die penibel gemalten Einzelheiten, die in La Tours Malerei ins Auge springen, sind dem Zufall immer einen Schritt voraus. Die dargestellten Personen schenken dieser genau bestimmten Bildwelt allerdings keine Beachtung, sondern sind zumeist in einem versunkenen oder entrückten Zustand dargestellt: Sie träumen, beten, meditieren oder sind sogar mystisch verzückt. Dennoch stellen sie durch eine taktile Geste stets eine Verbindung zu der sie umgebenden Bildwelt her. Auf diese Weise werden in den Gemälden unterschiedliche Räume empirischer, innerpsychischer, immanent-leiblicher und religiöser Erfahrung thematisiert, die sich in der Frühen Neuzeit ausdifferenziert haben. Im Vortrag soll erörtert werden, wie diese Räume in den Gemälden zueinander in Beziehung stehen und wie die subjektiven Erkenntnisprozesse, die sich entlang ihrer Grenzen abspielen, ins Bild gesetzt werden können.
Ort: IFK
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