02 Dezember 2019
  • Lecture
IFK

DAS PHANTASMA DER VORHERSAGE. ZUKUNFTSBERECHNUNG UND IHRE KRITIK

18:00
Fabian Dehi, Construction of Time, Hamburg, 2018, Grafik.

Die Moderne ist gekennzeichnet von der Vorstellung einer offenen Zukunft – einer Zukunft, die qua Kritik gestaltet werden kann. Was geschieht, wenn sich die Offenheit der Zukunft unter den gegenwärtig ubiquitären Vorhersagetechnologien aufzukündigen scheint? Welcher Kritikbegriff und welche Formen kritischer Praxis stehen unter diesen Bedingungen zur Disposition?

In den 1940er-Jahren entwickelt der US-amerikanische Mathematiker Norbert Wiener eine Flugabwehrrakete, die selbstständig auf die Luftangriffe feindlicher Flieger reagieren soll. Mit Wieners antiaircraft predictor zieht eine kybernetische Maschine in die Vorstellungswelt der Wissenschaften ein, die zum Modell für die technologisch bedingte Vorhersage wird. Anhand personalisierter Daten sollen zukünftige Bewegungen präzise vorausgesagt werden, sodass die Maschine bestenfalls selbsttätig auf sie einwirken kann.

Mehr als 70 Jahre später haben sich Vorhersagetechnologien in unsere Gegenwart eingeschrieben: Ihr ökonomisches System ist als „Überwachungskapitalismus“ (Zuboff) gekennzeichnet, und ihre temporale Struktur unterliegt einer „Verabsolutierung kybernetischer Zeitverhältnisse“ (Beyes/Pias). Was geschieht mit dem Vermögen des kritischen Subjekts, wenn es möglich scheint, dass jede zukünftige Handlung bereits berechnet wurde?

Lotte Warnsholdt studierte Europäische Ethnologie, Philosophie und Kulturwissenschaften in Kopenhagen, Hamburg und Lüneburg. In ihrer Dissertation setzt sie sich mit den Möglichkeiten von Kritik unter den Bedingungen des Digitalen auseinander. Seit 2016 ist Lotte Warnsholdt Doktorandin am DFG-Graduiertenkolleg „Kulturen der Kritik“ an der Leuphana Universität Lüneburg und derzeit IFK_Junior Fellow.

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