02 Mai 2011
  • Lecture
IFK

Die zwei Körper des Dichters: Rainer Maria Rilkes "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge"

Das Mittelalter lebt in der Moderne fort, ist Eric L. Santners überraschende These. In seinem Vortrag zeigt er, wo und wie sich Spuren der mittelalterlichen Kaiser- und Königreiche finden.

In englischer Sprache!



Die Moderne, so Eric L. Santner, ist wesentlich von den Nachwirkungen der mittelalterlichen und frühmodernen Monarchien bestimmt. Darin sieht er eine der zentralen Problemstellungen dieser Zeit. Was wurde aus den symbolischen Strukturen der mittelalterlichen Macht, als der Herrscher sie nicht mehr verkörperte? Mithilfe von Ernst Kantorowiczs Konzept der zwei Körper des Königs zeigt Santner, dass Strukturen und Dynamiken von Herrschaft nicht einfach aus der politischen Sphäre verschwinden, sondern in neue Orte im Leben der Menschen übergehen. Die „modernen“ Menschen waren gefordert, diese säkularisierten Orte zu finden. Anhand von drei sich überschneidenden Entwicklungen zeigt Santner diese Orte auf: Die entstehende Biopolitik war einer der neuen Schauplätze der Verwaltung des Menschen. Die sonderbare physische Präsenz des Königs wurde von ihr abgelöst. Weiters zeigen sich mittelalterliche Reste in den ästhetischen Praktiken der Moderne, in den verschwimmenden Grenzen zwischen figurativer und abstrakter Kunst und Literatur. Den dritten großen Bereich sieht Santner in Sigmund Freuds Bemühungen, mit der Psychoanalyse eine neue Wissenschaft durchzusetzen. Schließlich wird es um Rainer Maria Rilkes „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ gehen – einen Text, der in seiner Fieberhaftigkeit eines der reichsten Archive zur Erforschung dieser Eigenart der Moderne bietet.

Weitere Informationen zu Eric L. Santner

Ort: IFK