Wie Träumereien der Unmittelbarkeit in das Denken über Medien eingreifen und dort für Unruhe sorgen, untersucht Florian Sprenger. Anhand von Beispielen aus Elektrizität und Telegrafie beschreibt er historische Konstellationen, die durch Medien erst möglich wurden, aber zugleich vom Phantasma ihrer Negation durchzogen sind: Unmittelbarkeit.
Als im Sommer 1729 der Physiker Stephen Gray in einem Garten einen Kupferdraht aufhängt und ein Ende mit einem geriebenen Glaszylinder berührt, beginnen am anderen Ende kleine Blattgoldstückchen wie Schmetterlinge zu tanzen und sich auf den Draht zu setzen. So kann Gray von der einen Seite des Gartens zur anderen eine „electrick vertue“ hervorrufen, die gleichzeitig erscheint und keine Zeit braucht, um den Raum zu überwinden. Elektrizität ist zu dieser Zeit nichts als eine durch Reibung hervorgerufene Anziehung. Diese Anziehung verbreitet sich, so scheint es, unmittelbar. Was bedeutet diese Gleichzeitigkeit? An zwei Orten geschieht zur gleichen Zeit etwas, das kausal nicht mehr auflösbar ist, weil Ursache und Wirkung keiner zeitlichen Trennung unterliegen. Und diese Unmittelbarkeit wird in der Geschichte der elektrischen Medien all die Phantasmen und Träumereien auslösen, die noch heute in der Rede vom Globalen Dorf oder dem Schrumpfen von Raum und Zeit wirksam sind. Anhand dieser Ausgangslage beschreibt Florian Sprenger in drei Szenen, wie in der Physik, in der Telegrafie und in der Medientheorie – vor allem McLuhans – über Medien nachgedacht wird und welche Rolle Unmittelbarkeit als Negation von Medialität und Vermittlung dabei spielt. Sprenger verfolgt diese Geschichte der Fernwirkung, die eine Geschichte der Elektrizität und eine Geschichte der Medientheorie ist.
Ort: IFK
Zurück