Wissenschaft treiben heißt Neues schaffen, innovativ sein, schöpfen. Oder? Welche Rolle spielen das “Nachäffen”, Wiederholen, “Aufkochen” und Imitieren dabei, dass die Wissenschaft über ihr eigenes Tun Bescheid weiß? Wie kommen diese Praktiken in Wissenschaftsparodien zum Tragen? Hanna Engelmeier schaut sich dazu die 20-jährige Geschichte der Sokal-Affäre an.
Während in der zeitgenössischen Kunst alle möglichen Formen der Imitation und Nachahmung, der Wiederholung und des Reenactments etabliert sind, stehen die Wissenschaften grundsätzlich unter Originalitätsdruck: Forschen heißt Neues schaffen. Der Vortrag diskutiert Beispiele dafür, wie sogenannte Pseudowissenschaft und Weltanschauungsliteratur erst dazu führt, entscheidende Selbstverständigungsprozesse in den institutionalisierten Wissenschaften anzuregen. Im Zentrum steht dabei die Sokal-Affäre: Der Physiker Alan Sokal hatte 1996 ein äußerst inhaltsarmes, in postmodernem Jargon verfasstes Paper über Quantenphysik bei der politisch links gerichteten Zeitschrift „Social Text“ eingereicht, deren Herausgeber den Scherz lange nicht bemerkten. Wie bei anderen wissenschaftlichen Enten dieser Art stand dabei das Verhältnis von neuen Wissensformen, Jargon und der Institution in Frage, die Wissen als wissenschaftlich (und damit “richtig” oder “objektiv”) anerkennt. Der Vortrag geht der These nach, dass in dem Moment, in dem eine neue Disziplin parodiefähig wird, ihre Institutionalisierung und soziale Anerkennung einerseits abgeschlossen, gleichzeitig aber auch gefährdet ist.
Hanna Engelmeier studierte Philosophie und Kulturwissenschaft in Berlin und arbeitete als Journalistin, bevor sie 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät Medien und Fellow des Kollegs Friedrich Nietzsche in Weimar wurde. Seit 2013 ist sie wissenschaftliche Koordinatorin der DFG-Forschergruppe „Medien und Mimesis“ in Bochum und derzeit IFK_Research Fellow.
Ort: IFK
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