Geschichte der Imperien als Geschichte kultureller Gemeinsamkeiten ist im Kommen. In seinem Vortrag geht Jan Surman dem nachhaltigen Einfluss des imperialen Zusammenseins auf die gelehrte Kultur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Zentraleuropa nach.
Der Siegeszug der Nationalstaaten mit ihren jeweiligen nationalen Vergangenheitsnarrativen bewirkte, dass die Geschichte der Imperien selten als Geschichte kultureller Gemeinsamkeiten untersucht wurde. In seinem Vortrag vertritt Jan Surman am Beispiel der habsburgischen Wissenschaftergemeinschaft die These, dass trotz Nationalisierung und zunehmender Mehrsprachigkeit das Imperium die Denkweisen der Gelehrten nachhaltig prägte. Der Versuch, eine imperiale Kultur durch zentral regierte Wissenschaftspolitik des Ministeriums Leo Thun-Hohensteins (1849–1860) zu begründen, wurde von den zeitgenössischen national gesinnten Intellektuellen als ein Misserfolg bewertet. Dennoch schuf Thun-Hohensteins Vorhaben eine Basis für einen engen Austausch unter den Gelehrten des habsburgischen Zentraleuropa. Dieser Austausch bewirkte, dass mindestens bis zum Ersten Weltkrieg über einen gemeinsamen intellektuellen Raum habsburgischen Zentraleuropas gesprochen werden kann, der sich von anderen Imperien unterschied. Diesem geht Jan Surman anhand ausgewählter Beispiele aus den Kronländern nach.
Jan Surman studierte Soziologie und Geschichte an der Universität Wien und der Universität Paris-Sorbonne (Paris IV) und promovierte 2012 in Wien mit der Arbeit Habsburg Universities 1848–1918: Biography of a Space. 2014–2017 war er wissenschaftlicher Assistent am Herder-Institut, Marburg, und 2017 Gastwissenschafter am Max-Weber-Kolleg, Erfurt sowie an der Higher School of Economics in Moskau. Derzeit ist Jan Surman IFK_Research Fellow.
Ort: IFK
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