06 Juni 2016
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IFK

ZUR GENEALOGIE DES MESKALINS (1887–1919)

Meskalin gilt auch heute noch als „Meter“ für die Klasse der psychedelischen Substanzen, da es als Erstes wissenschaftlich systematisch erforscht worden ist. Aber wie wurde aus einem mexikanischen Kaktus überhaupt eine chemische Reinsubstanz?

 

1888 veröffentlichte der Berliner Toxikologe Louis Lewin erste Resultate seiner Untersuchung von Kakteenproben, die er von seiner Amerikareise mitgebracht hatte. Es handelte sich dabei um den Peyote-Kaktus (Lophophora williamsii), der bei manchen Völkern Mexikos (den Kiowa, Tarahumara und Huicholen etc.) traditionell als spirituelles „Fahrzeug“ genutzt und verehrt wird. Die ersten Tests „am Thier“ führten zur Identifikation diverser Alkaloide, aber erst dem Chemiker Arthur Heffter, der auch Selbstversuche machte, gelang 1897, das für die „schönen Farbvisionen“ hauptverantwortliche „Mezcalin“ zu isolieren. Nachdem Ernst Späth 1919 in Wien die erste Vollsynthese des Meskalins hergestellt hatte, kam es an deutschen Universitätskliniken zu einem regelrechten Forschungsboom: In der Annahme, mittels Meskalin transitorische Psychosen auslösen zu können, machte man sich an die systematische Erfassung des Wahnsinns. Um zu verstehen, wie es zu dieser pathologisierenden Engführung kam, soll die disziplinenübergreifende Konstituierung des Forschungsgegenstands Meskalin rekonstruiert und dessen Verwendung als „Psychotomimetikum“ einer kritischen Revision unterzogen werden. 

 

Ivo Gurschler studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Soziologie und Philosophie in Wien sowie Cultural Studies in London. Er ist Doktorand an der Akademie der bildenden Künste und derzeit IFK_Junior Fellow.

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