Die physische Wirksamkeit des Teufels in frühneuzeitlichen Berichten aus Westafrika gestaltet sich merkwürdig: der Teufel als Sadist, der die AfrikanerInnen durch Schläge untertan macht. Zeitgleich wird der Teufel in Europa als gewaltlos beschrieben, wiewohl als Verführer und Unruhestifter. Jutta Wimmler geht diesen dämonologischen Interpretationen und Motiven nach.
In frühneuzeitlichen Westafrika-Berichten und Briefen findet sich die kuriose Vorstellung einer Misshandlung der Bevölkerung durch den Teufel: Dieser zwinge die Afrikanerinnen und Afrikaner durch den Einsatz körperlicher Gewalt (speziell durch Schläge) zur Untertänigkeit, tatkräftig unterstützt von den „Fetisch-Priestern und -Priesterinnen“ der Region. Ähnliches lässt sich in zeitgenössischen Amerika-Berichten nachlesen, wo diese erzwungene Untertänigkeit sogar als Sklaverei interpretiert wurde. In Europa war die Frage, ob der Teufel in dieser Welt physisch wirksam werden kann, umstritten. Er war Verführer, Unruhestifter, gar „natürlicher Magier“ – aber kein gewalttätiger Sklavenhalter. Doch irgendwo zwischen Europa, Afrika und Amerika entwickelte sich diese Vorstellung. War es die Reflexion über die – mit Ausnahme des Königreichs Kongo – weitgehend erfolglose Missionstätigkeit in Westafrika, die diese Idee aufkommen ließ? Oder kommentierte man damit womöglich in subversiver Weise den aufkommenden Sklavenhandel? Eine Analyse dieser Uminterpretation katholischer Dämonologie im Missionskontext beantwortet nicht nur diese Fragen, sondern eröffnet tiefere Einblicke in die Wandelbarkeit ideologischer Konzepte und die Rückwirkungen des europäisch-afrikanischen Kulturkontaktes auf ein europäisches Religionssystem.
Ort: IFK
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