Im besetzten und geteilten Berlin der frühen Nachkriegsjahre wurden in beiden Zonen Filme gezeigt, die mit Bildern von praller Mode und Konsum nicht sparten. Zielgruppe waren Frauen, die unter schlechten Lebensbedingungen um ihr Überleben kämpften. Mila Ganeva fragt nach den Motiven dieses weiblichen Kinopublikums.
Mila Ganeva stellt einen frühen Nachkriegsfilm vor, „Martina“ (BRD 1949), der im Schatten der Berlin-Blockade entstand und thematisch und ästhetisch anderen Trümmerfilmen nahesteht, wie z. B. „Die Mörder sind unter uns“ (DEFA, 1946), „Straßenbekanntschaft“ (DEFA, 1948) und „...und über uns der Himmel“ (1947). Durch ihre visuellen Akzente auf Kostüme und Kleidung sprachen diese Filme ein durch die Sektorengrenzen keineswegs geteiltes weibliches Publikum an, das selbst unter miserablen Bedingungen ein paradoxes Interesse für Mode bewies. Die sowohl im Westen als auch im Osten feststellbare Tendenz, Zuschauerinnen durch eskapistische Bilder von Mode und Konsum einzunehmen, ging mit der Ausblendung einer beschämenden Vergangenheit, etwa der Arisierung der jüdisch dominierten Konfektionsindustrie in Berlin, aus den Mediendiskursen der Stunde Null einher. Andererseits aber definierten diese Werke einen zeit- und genderspezifischen Begriff von Normalität, der den Frauen besonders wichtig war. Wenn in ost- und westdeutschen Filmen kreativ arbeitende Frauen dargestellt werden (oft beobachtet beim Schneidern oder Zeichnen), so trägt diese Beobachtung zu einer positiven Revision des gängigen Klischeebilds der Berlinerin jener Zeit bei, für die oft nur der moralisch besetzte Raster „Trümmerfrau“ / „Fräulein“ / „Opfer“ existierte.
Ort: IFK
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