13 Juni 2016
  • Lecture
IFK

REBELLION DES „UND“ / FREIHEIT ZUM „UND“

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg schuf der Merz-Künstler Kurt Schwitters ein Schlüsselwerk der Moderne: die Collage namens „Undbild“. Zur selben Zeit arbeitete der Philosoph Franz Rosenzweig an einer Philosophie des „und“. Beide rührten damit (auf je verschiedene Weise) an den Nerv einer Epoche, die als Trümmerfeld erfahren wurde. 

 

In Krisenzeiten stellt sich die Frage nach dem, was uns verbindet: mit Lebenden und Toten, mit Tieren, Göttern und Maschinen. Sprachlich betrachtet, geht es um das unscheinbare Wörtchen „und“, wie es zwischen den Elementen steht und im Zerfall von Ordnung seltsam problematisch werden kann (Tristan „und“ Isolde; Schrift „und“ Bild; das eine „und“ das andere etc.). In dieser Zwischenstellung hat die Konjunktion einen zwiespältigen Charakter, ist sowohl Brücke als auch Barriere. Sie rührt an eine Grunderfahrung, die in der heutigen Mediengesellschaft alle kennen: zugleich getrennt und verbunden zu sein. Ambivalente Erfahrungen dieser Art haben in der Reflexion auf das „und“ artikuliert werden können. Zu kaum einer Zeit ist dies deutlicher geschehen als in den Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. „Und“ ist das Schlüsselwort einer Epoche, die in Montagen ihre symbolische Form finden sollte.

 

Peter Bexte wurde im Winter 2008 auf den Lehrstuhl für Ästhetik an der Kunsthochschule für Medien Köln berufen. Von 2005 bis 2008 hatte er eine dreijährige Gastprofessur im Studiengang Europäische Medienwissenschaft, Potsdam, inne. Von 1996 bis 2000 kuratierte er die zentrale Abteilung der Berliner Millenniumsausstellung „Sieben Hügel“. Er ist derzeit IFK_Senior Fellow.

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