Die idealistische Bedeutung der Kunst Beethovens dient bis heute als Gegengewicht zum Terror und hat ihre Wurzeln in der Zeit der Napoleonischen und revolutionären Kriege des frühen 19. Jahrhunderts. Beethovens leidenschaftliche Unterstützung der Ideale der Französischen Revolution und seine Ablehnung autokratischer Machtherrschaft verdienen eine Neubewertung.
Die Kunst Beethovens trägt politische Züge und kann am besten im Verhältnis zu seiner Ablehnung des Absolutismus verstanden werden. Seine anfangs positive Einstellung gegenüber Napoleon als Erstem Konsul wandelte sich später zu einer starken Ablehnung des gekrönten Kaisers. Obwohl er von der Politik seiner Zeit oft enttäuscht war – ob von Kaiser Franz von Österreich oder von Bonaparte –, strebte Beethoven in seiner Musik konsequent nach dem Ziel einer sogenannten „Kunstvereinigung“, ein ästhetisches Konzept, das gut zur Eroica und zur Vertonung des schillerschen Textes An die Freude im Chorfinale der Neunten Symphonie passt. Die Schiller-Vertonung ist oft als unübertroffenes Monument positiver Kultur wahrgenommen worden. Doch Beethoven selbst hegte gewisse Zweifel am Chorfinale und skizzierte sogar ein alternatives Finale instrumentale. Aus diesem Skizzenmaterial erwuchs das Streichquartett a-Moll op. 132, ein Werk tragischen Charakters, das wir als dunklen Begleiter des luminösen Chorfinales erkennen können. Beethovens Kunst strebt nach dem Erhabenen, bleibt jedoch der äußeren Realität nicht fern. Diese Perspektive wirft neues Licht auf das Schaffen Beethovens, dessen schillersche Symbole der Vortrefflichkeit als Gegengewichte zu Skepsis und Verzweiflung fungieren.
William Kinderman ist Professor für Musikwissenschaft und Germanistische Studien an der University of Illinois und derzeit IFK_Gast des Direktors.
Ort: IFK
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