Wolfram Aichinger, Lehrbeauftragter für französische und spanische Literatur, beschäftigt sich mit Szenen des Verheimlichens, Verschlüsselns, Dechiffrierens, Anvertrauens, Enthüllens und Aufdeckens im Werk von Calderón.
Der aufwändig gepflegte Schein der Federhüte, Halskrausen und parfümierten Tüchlein zeigte Status und Rolle barocker Höflinge an, machte ihre studierten Gesten zu einem Teil von Maskerade, Ballett oder Kampfspiel. Doch der Schein reiner Äußerlichkeit täuscht, denn darunter und dahinter pulsierte das Geheimnis. Der Hofdichter Calderón war besessen vom Verbergen und Enthüllen. Er führte seine Figuren als Verschleierte und Verkappte durch Hinterzimmer und Geheimgänge, ließ sie in dunkle Gärten irren oder durch Geheimtüren entschlüpfen. An ihrem Geheimnis hing Liebesglück und Staatsräson. Weibliche Schlauheit gipfelte dort, wo eine Dame vor der ganzen Hofgesellschaft offen, weil in Geheimsprache, mit ihrem Galan verkehrte. Wie lässt sich der eigentümliche Transit zwischen Öffentlichem und Diskretem fassen? Spiegeln sich in dem Titel „Das laute Geheimnis“ mentale Figuren der spanischen Barockzeit? Besteht Zusammenhang zwischen der Komödie, den Dramen der Diplomatie und den Schlachtfeldern, auf denen in ebendiesen Jahren Spanien seine Vormacht im Abendland verlor?
Ort: IFK
Zurück