Alexandra Kofler
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2007 bis 30. Juni 2008

Erzählte Identität(en)? Identitätskonstruktionen in Narrativen der Liebe



PROJEKTBESCHREIBUNG

Der Begriff Identität benennt das Spannungsfeld zwischen der existenziellen Frage "Wer bin ich?" und den verfügbaren historischen, kulturellen wie sozialen und politischen Antwortmöglichkeiten und Sinnpotenzialen. Mit der Zunahme gesellschaftlicher und individueller Erfahrungen der Fremdheit, der Diskontinuität des Lebensverlaufs und der Brüchigkeit von Lebensentwürfen benennt Identität gegenwärtig eher ein Problem als eine Lösung. Wissenschaftliche, öffentliche und auch literarische Diskurse thematisieren das Selbst und dessen Identität verstärkt unter den Schlagwörtern der Fragmentierung, Pluralisierung und Auflösung.
Ausgehend von dieser Problemlage, fragt Alexandra Kofler in ihrem Projekt nach einer Konzeption des Selbst und dessen Identität, die mit der Erfahrung des zeitlichen Wandels und der lebensweltlichen Diskontinuität vereinbar ist. In Anlehnung an Paul Ricoeur versucht Alexandra Kofler eine hermeneutisch-narrative Dimensionierung der Fragestellung, innerhalb derer das Selbst als prozessual-dynamisches Konstrukt erscheint, dessen Kohärenz jeweils durch die narrative Organisation gestiftet wird. Identität ist in dieser Blickrichtung weder ein lebenslanger, stabiler Tatbestand noch ein Besitz der Person, sondern eine immer wieder neu zu leistende, narrative Aufgabe.
Im Zentrum des Projekts steht eine Untersuchung lebensgeschichtlicher Narrative der Liebe, die als Orte von Identitätskonstruktionen in den Blick genommen werden. Von Interesse ist dabei, wie die Einzelnen - sofern sie ihre Identität narrativ gestalten müssen - etwas deutlich machen von dem strategischen Bemühen, mit dieser Aufgabe umzugehen. In welcher Art und Weise wird lebensgeschichtlicher Sinn narrativ erzeugt und gestaltet? Wie werden Brüche und Diskontinuitäten narrativ verhandelt? Wie erzählen sich die Einzelnen als veränderbare und als dauernde Subjekte?
Entgegen der Rede von der Fragmentierung des Selbst erweisen sich die Narrative der Liebe als Zeugen eines Bemühens um Identität. Eine hermeneutisch-narrative Zugangsweise ermöglicht damit, der Frage zu begegnen, wie Kohärenz angesichts der Vielfalt lebensweltlicher Selbsterfahrungen und der Erfahrung von Diskontinuität dennoch denkbar und realisierbar ist.



CV

Alexandra Kofler studierte Philosophie und Geschichte in Wien. Derzeit ist sie Doktorandin am Institut für Philosophie an der Universität Wien. 2006/2007 war sie Doc-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.



Publikationen

(u. a.): Liebe und Konversion. Narrative Identität in autobiografischen Erzählungen, in: Reinhard Sieder, Franz X. Eder und Daniela Hammer-Tugendhat (Hg.), Liebe: Diskurse und Praktiken (=Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, Jg. 18/4, 2007).