Krieg, Gender und der österreichische Nachkriegsroman, 1945–49
An der Schnittstelle von Literaturwissenschaft, Kulturgeschichte und Erinnerungsforschung erschließt dieses Projekt ein wichtiges Kapitel der deutschsprachigen Literaturgeschichte. Es untersucht, wie sowohl bekannte als auch lang übersehene österreichische Autorinnen den Zeitroman, eine sozial und politisch engagierte Gattung, umgestalteten, indem sie die Grenzen zwischen historischer Dokumentation, Fiktion und Autobiografie destabilisierten. Im Gegensatz zum stark männlich geprägten Schreiben, das die deutsche Literaturszene unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg unter den Stichworten »Kahlschlagliteratur« oder »Literatur der Stunde Null« eroberte, stelle ich die Erfahrungen von Frauen mit Verfolgung, Exil und Leid während und nach dem Krieg in den Mittelpunkt. Diese Schriftstellerinnen versuchten nicht, die Nation durch die Literatur wiederaufzubauen, sondern hielten im akribischen, schmerzlichen Detail das ruinöse Erbe des vergangenen Jahrzehnts fest.
Alys George ist Kulturwissenschafterin und Assistant Professor für German Studies an der Stanford University. Ihr Buch The Naked Truth: Viennese Modernism and the Body (University of Chicago Press, 2020) wurde sowohl mit dem Scaglione Prize for Studies in Germanic Languages and Literatures der Modern Language Association als auch mit dem Best Book Prize in Literature and Cultural Studies der German Studies Association ausgezeichnet. Darüber hinaus kam es auf die Shortlist für den Laura Shannon Prize in Contemporary European Studies und den Waterloo Centre for German Studies Book Prize. George forscht und lehrt zur österreichischen und deutschen Literatur, visuellen Kultur und Kulturgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts, mit besonderem Augenmerk auf die Moderne und die Nachkriegszeit. Für ihre herausragende Leistung in der Lehre wurde sie mit dem Centennial Teaching Award der Stanford University und dem Golden Dozen Teaching Award der New York University ausgezeichnet.
mit Kristen Anne Ehrenberger (Hg.), Medical(ized) Bodies in the German-Speaking World (= Seminar: A Journal of Germanic Studies 59.1 (2023)).
The Naked Truth: Viennese Modernism and the Body, Chicago 2020.
»Anatomy for All: Medical Knowledge on the Fairground in Fin-de-Siècle Vienna«, in Central European History 51.4 (2018), 535–62.
»Everyman and the New Man: Festival Culture in Interwar Austria«, in Austrian Studies 25 (2017), 198–214.
»Editing Interwar Europe: The Dial and Neue Deutsche Beiträge«, in Austrian Studies 23 (2015), 16–34.
(Hg.), Hugo von Hofmannsthal und The Dial. Briefe 1922–1929, in: Hofmannsthal Jahrbuch zur europäischen Moderne 22 (2014), 7–68.
How are the years 1938–45 represented in fiction from the immediate postwar era? This talk looks to Austrian writers who retooled the Zeitroman, a socially and politically engaged genre, by destabilizing the boundaries between historical documentary, fiction, and autobiography.