Möglichkeitsräume algorithmischer Translationstechnologie in der literarischen Übersetzungspraxis
Algorithmenbasierte Technologien der machine translation gelten in der aktuellen Übersetzungsforschung nahezu ausnahmslos als unvereinbar mit den komplexen Anforderungen der literarischen Übersetzung. Anliegen des Projekts ist es, dieses Postulat zu hinterfragen. Aufbauend auf der Untersuchung experimenteller Übersetzungspraxen und -theorien des 20. Jahrhunderts sollen exemplarische Szenarien und/oder Anwendungsmöglichkeiten algorithmischer Translationsverfahren im Bereich des literarischen Übersetzens identifiziert und spekulativ entworfen werden. Dafür sollen einerseits die rezenten kultur- und medienwissenschaftlich informierten Diskurse zur literarischen Übersetzung mit neuesten Entwicklungen im Bereich der Computerlinguistik und Übersetzungstechnologie transdisziplinär zusammengedacht werden. Zugleich stehen andererseits Arbeiten des artistic research im Fokus, in denen die Möglichkeitsräume algorithmischer Übersetzung künstlerisch ausgelotet werden.
Anna Luhn studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Französische Philologie, Rechtswissenschaften und Neuere deutsche Literatur an der LMU München und der Université IV Paris – Sorbonne. Nach einem Volontariat am Haus der Kulturen der Welt (HKW) Berlin war sie dort unter anderem im Anthropozän-Projekt und als Koordinatorin des künstlerischen Forschungsprojekts Technospheretätig. 2020 promovierte sie an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien der Freien Universität Berlin zu Dimensionen des Akrobatischen in der Literatur der europäischen Moderne. Am Exzellenzcluster Temporal Communities: Doing Literature in a Global Perspectivean der Freien Universität Berlin beschäftigt sie sich aktuell mit historischen und gegenwärtigen Formen experimenteller Übersetzung und digitaler literarischer Praxis und entwickelt zu diesen Themen transdisziplinäre Forschungs- und Transferformate.
Überdehnung des Möglichen. Dimensionen des Akrobatischen in der Literatur der europäischen Moderne, Göttingen 2022; »Literary/Machine/Translation: Übersetzungstechnologien und avancierte Übersetzungstheorie als Modelle literarischer Zirkulation, ca. 1960–1975«, in: Michael Gamper, Jutta Müller-Tamm, David Wachter, Jasmin Wrobel (Hg.), Der Wert der literarischen Zirkulation / The Value of Literary Circulation, Heidelberg 2022; »›Das Naturgesetz soll sich im Alkohol besaufen‹. Zum Formrausch in Carl Einsteins Bebuquin«, in: Expressionismus 09/2019.
IFK_Research Fellow Anna Luhn erhält den Wilhelm Scherer Preis 2022 für Ihre Dissertation. Er wird alle 2 Jahre von der Richard M. Meyer-Stiftung gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der Freien Universität Berlin verliehen.
Titel: »Überdehnung des Möglichen. Dimensionen des Akrobatischen in der Literatur der europäischen Moderne«
Während in den 1960er- und 1970er-Jahren die Entwicklung der »machine translation« Fahrt aufnimmt, wird im akademischen Feld intensiv um den »richtigen« Blick auf die literarische Übersetzung, um ihre theoretische Einfassung und ihre methodologischen Fundamente gestritten. In welchem Verhältnis stehen die zahlreichen übersetzungspoetischen Experimente der Zeit zu dieser Debatte?