Azmy Bishara
ifk Visiting Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Februar 1996 bis 31. Juli 1996

Islam und Demokratie



PROJEKTBESCHREIBUNG

Azmy Bisharvertrat in seinem Vortrag entgegen der üblichen Sicht der Forschung über Demokratisierungsprozesse in den islamischen Ländern, die von einem Islam ausgeht, eine differenziertere Position.

Er unterscheidet drei Hauptformen der Religion des Islam und zwar Formen der offiziellen Religion, d.h. Religion des Establishments und etablierte Religion, weiters Formen der Volksreligion, etwa unterschiedliche Varianten von Sufi und fundamentalistische Bewegungen und volksreligiöse Traditionen. Formen des politischen Islam, also Reformbewegungen und militant radikale islamistische Bewegungen sind eine dritte Hauptvariante des Islam.

Jede Analyse der Demokratie, so Bishara, muß deshalb konkret die wirkliche und potentielle Haltung jeder Art von islamischer Religiosität unterscheiden und ebenso verschiedene Beziehungen der drei Formen untereinander unterscheiden. Nur so sei es möglich, antidemokratische, aber auch mögliche demokratische Koalitionen in der Analyse zu berücksichtigen.

Die ahistorische Sicht ist nach Meinung Bisharas nicht nur theoretisch falsch, sondern auch politisch gefährlich, weil ein solcher Standpunkt keine Positionen für eine Weiterentwicklung der arabischen Länder, ihrer demokratischen Traditionen und ihrem Verhältnis zum Westen zuläßt, als die Erwartung eines "Krieges der Zivilisationen".

Die Kommentare von Georg Hoffmann-Ostenhof, dem Leiter der außenpolitischen Redaktion des Nachrichtenmagazines Profil und John Bunzl, Experte für den Nahen Osten vom Österreichischen Institut für Internationale Politik leiteten über zu einer regen Diskussion, die Bishara Gelegenheit bot, seine Thesen anhand aktueller politischer Ereignisse im Nahen Osten zu präzisieren.



CV

Azmy Bishara, geb. 1956, Professor für Philosophie an der Bir Zeit University, West Bank, und Van Leer Jerusalem Institute. Bishara studierte in Jerusalem und Berlin; seit 1993 Coordinator des Forschungsprojekts Europe in the Middle East: Political Key Concepts in the Dialogue of Culture. 1993 war er Gastprofessor am Institut für Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck; er publizierte zahlreiche Arbeiten zu politischen und gesellschaftlichen Fragen im Mittleren Osten.



Publikationen

u.a.: On "Eurocentrism", Zmanim, Winter 1992; Palestine in the New World Order, MERIP, Spring 1992; "Die Araber und der Holocaust. Die Problematisierung einer Konjunktion", in: Rolf Steininger (Hg.), Der Umgang mit dem Holocaust, Wien, Köln, Weimar 1994.