Christoph Weinberger
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2007 bis 30. Juni 2008

Rausch, Halluzination und Wahnsinn. Mediale Phantasmen in den Aufschreibesystemen Friedrich Kittlers



PROJEKTBESCHREIBUNG

"Wahnsinn ist eine Metapher von Techniken": In dieser Perspektive gilt es die von Friedrich Kittler in seiner epochemachenden Habilitationsschrift von 1984 ausgemachten "Aufschreibesysteme" kritisch nachzuzeichnen. Entgegen geisteswissenschaftlicher Technikvergessenheit soll die Entstehung der Welt aus "verdrängter" Medientechnik in den Fokus gerückt werden. Dabei versucht Christoph Weinberger in seiner Arbeit die kittlersche Medientheorie als umfassende Kulturanalyse im Gefolge von Kybernetik, Diskursarchäologie und strukturaler Psychoanalyse zu rekonstruieren.
Aufzuschlüsseln wird sein, wie "mediale Dispositive" in zwei zentralen Modernisierungsschüben kollektive Formen von Phantasmen, Rauschzuständen und Wahnvorstellungen hervorgebracht haben: Um 1800 macht Kittler zufolge das Universalmedium "Deutsche Dichtung" Bücher "halluzinierbar wie Filme und interpretierbar wie Philosophien". Die Idee vom "Menschen", von "Geist" und "Bedeutung" wird zur zentralen (Wahn-)Idee einer Epoche befördert. Mit der Ausdifferenzierung der Medien in "Grammophon, Film, Typewriter" um 1900 schließlich kommt jedem Sinn sein analoges Medium zu. Neben der Zersprengung alter Phantasmen erfolgt die Konfigurierung neuer: etwa im "imaginären" Medium Film.
Im zweiten Teil der Arbeit geht es darum nachzuweisen, dass Kittlers Theoreme selbst diversen Phantasmen aufsitzen. Hauptziel der Dissertation von Christoph Weinberger ist, die unbewusste Seite des "medienmaterialistischen" Projekts Kittlers sowie dessen blinde Flecken - the dark side of the theory - aufscheinen zu lassen. Nicht nur gilt es, Unstimmigkeiten in Kittlers Medientheorie zu verhandeln, sondern - noch radikaler - Kittler selbst auf Kittler anzuwenden. Zu verdeutlichen ist, dass Kittlers Denken an einen bestimmten technischen Status, ein wissenschaftliches, gesellschaftliches und vor allem mediales Apriori gebunden ist. Der Terminus ""mediale Phantasmen"" soll jetzt seine Doppelstruktur entfalten, er meint nicht mehr bloß mediale Phantasmen in den Aufschreibesystemen, sondern zugleich auch der Aufschreibesysteme Friedrich Kittlers."



CV

Christoph Weinberger studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Er betreibt derzeit ein Doktoratsstudium im Fachbereich Philosophie an der Universität Wien.



Publikationen

Diverse Publikationen in österreichischen Tageszeitungen als Kultur- und Wissenschaftsjournalist (u. a. in: "Die Presse").