Zirkusmobilitäten. Zeitgenössische Zirkuspraxis aus einer Mobilitätsperspektive neu denken
In der Kontinuität zu früheren Zirkusformen, die bis heute fortbestehen, entwickelte sich Mitte der 1990er-Jahre in Europa der sogenannte zeitgenössische Zirkus. Das zeitgenössische „Label“ bezieht sich nicht nur auf eine Verschiebung von Inhalt, Form, Ästhetik und sozioökonomischen Rahmenbedingungen, sondern scheint auch eine Veränderung von Mobilitätsmodi, Reisemustern und Tourvolumen zu beschreiben. Dieses Phänomen der zeitgenössischen Zirkusmobilität wurde in der akademischen Debatte bisher kaum thematisiert. Das Forschungsprojekt, welches Mobilität als integralen Bestandteil der Zirkuserfahrung konzipiert, interessiert sich daher für die Untersuchung der Schnittstelle zwischen den mobilen Lebensrealitäten zeitgenössischer ZirkuskünstlerInnen und deren künstlerischer Praxis; dafür, wie beide ineinander eingeschrieben sind und sich gegenseitig beeinflussen.Navigierend zwischen Theorie und Praxis, möchte das Projekt neue Erkenntnisse über künstlerische Mobilität für die Mobility Studies und die Ethnografie fruchtbar machen, einen Beitrag zu theaterwissenschaftlichen Diskursen rund um Raumproduktion und Performativität leisten sowie die Entwicklung und Differenzierung neu aufkommender Zirkustheorien und -methoden vorantreiben.
Elena Lydia Kreusch ist freischaffende Künstlerin und Produzentin. Sie leitet die zeitgenössischen Zirkusorganisationen Squarehead Productions und KreativKultur. In Deutschland geboren, lebt und arbeitet sie seit 2009 in Wien. Sie studierte Internationale Entwicklung an der Uni Wien/Universität Novi Sad (Diplomarbeit: Zirkusnomaden: Raum – Zugehörigkeit – Identität) sowie Kulturelle Entwicklung und Projektmanagement an der Universität Lumière. Sie ist Mitglied der VDA Theory and Methodology in the Humanities sowie der Forschungsplattform Mobile Kulturen und Gesellschaften. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Zirkustheorie, Mobilität, Intermedialität und Künstlerische Forschung.
While circus is commonly associated with romanticized images of big tops, caravans and family businesses, a high number of today's contemporary performers face a very different reality. Elena Lydia Kreusch sheds light on these changed socio-economic conditions and examines the relationship between artists' mobility experiences and their artistic practice.