Elisabeth Prinz
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2009 bis 30. Juni 2010

Fieberkurve 1789-1848-1918. Krankheitsgeschichte der gescheiterten Revolution



PROJEKTBESCHREIBUNG

"Die Revolution wirkt wie ein heilsames Fieber zwischen zwei Krankheitsphasen", schrieb Gustav Landauer und reihte sich damit in eine bestimmte Tradition der Begriffs- und Metaphernbildung innerhalb der politischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts ein. Erst die erhöhte Temperatur des Gesellschaftskörpers könne jene Umwälzung der ökonomischen Verhältnisse in Gang setzen, von der auch Karl Marx und Friedrich Engels im "Manifest der Kommunistischen Partei" ausgehen. Denn im Moment der Krise werde die potentielle Energie in kinetische Energie umgesetzt, stellt Engels knapp 40 Jahre später fest. Im gleichen Zeitraum entwickeln sich unter dem Einfluss der Thermodynamik die klinische Thermometrie und die Bildtechnik der Fieberkurve als Aufschreibverfahren zur Messung und Kontrolle der menschlichen Körpertemperatur. Elisabeth Prinz untersucht im Rahmen einer historischen Semantik des Revolutionsbegriffs die Fieberkurve als grafische Schnittstelle verbaler und visueller Repräsentationsformen. Dabei geht sie von folgender These aus: Die Fieberkurve übersetzt jenen Prozess, der die Revolution als energetische Metapher in eine Dialektik der Fieberkrise verwickelt. Die Bewegung oszilliert stets zwischen Revolution und Gegenrevolution, zwischen Temperaturanstieg und Temperaturabfall, zwischen Tod und Gesundung. Weiters wird der Bezug zur Literatur hergestellt, zu revolutionären Grenzgängern wie Georg Büchner, Heinrich Heine und Gustav Landauer, die den Blick auf die prekären Konsequenzen des Krankheitsbildes am Ende einer Rhetorik des Fiebers lenken.



CV

Elisabeth Prinz studierte Germanistik, Europäische Ethnologie, Philosophie und Geschichte in Wien und Konstanz. 2009 hielt sie eine Lehrveranstaltung über sozialistische und biopolitische Utopien der 1920er-/1930er-Jahre am Institut für Europäische Ethnologie. Sie ist Dissertantin am Institut für Germanistik der Universität Wien. Ihre Diplomarbeit befasste sich mit der Figur des Schriftstellers als politisch engagierten Intellektuellen im Kalten Krieg.



Publikationen

Im Körper des Souveräns. Politische Krankheitsmetaphern bei Arthur Koestler, Wien [erscheint Anfang 2010]; Die Neue Frau als biopolitische Utopie. Das sozialdemokratische Menschen- und Frauenbild in der österreichischen Zwischenkriegszeit, in: [sic!] 64/2009, S. 18-20; Literatur und Film 1912ff. Ein Nachschlag im Diskurs über die Reinheit der Medien, in: sinn-haft, 12, 2002, S. 32-33.