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Zwangsmigration, Epidemie und Grenze. „Grenzentlausungslager“ der NS-Zivilverwaltung im besetzten Osteuropa 1939–1945
Eine weitgehend unbekannte Institution des NS-(Grenz-)Regimes waren sogenannte „Grenzentlausungslager“, in denen ZwangsarbeiterInnen aus dem besetzten Osteuropa vor dem Grenzübertritt ins Deutsche Reich medizinischen Untersuchungen und einer obligatorischen „Entlausung“ unterzogen wurden. Zum einen diente diese Prozedur der Erfassung ihrer Arbeitsfähigkeit, zum anderen dem Schutz der deutschen Bevölkerung vor befürchteten Seuchen aus dem Osten. Ziel des Projektes ist es, diese Lager nicht alleine als Organisationseinheiten für eine notwendige medizinische Abwicklung der Zwangsarbeit zu untersuchen, sondern auch als institutionelle Manifestationen des Diskurses zur Abgrenzung von den bzw. Ausgrenzung der als minderwertig und gefährlich konstruierten „Anderen“. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der in den Lagern praktizierten Verschränkung von „Fremdheit“ und „Infektion“. Ebenso soll das Moment der Beschämung als strukturelles Mittel der Machtausübung, Degradierung und Entmenschlichung analysiert werden.
Eva Hallama arbeitete von 1999 bis 2007 als Filmschaffende. Von 2007 bis 2013 studierte sie Geschichte in Wien und Sankt Petersburg. In ihrer Diplomarbeit widmete sie sich am Beispiel einer Linzer Reinigungsfirma Formen der Überschneidung von Reinigung, Schädlingsbekämpfung und nationalsozialistischem Massenmord. Von 2011 bis 2014 arbeitete sie als Research Assistant für das vom FWF geförderte Forschungsprojekt „Ehen vor Gericht. Konfliktfelder und Handlungsoptionen vom 16. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts“ unter der Projektleitung von Andrea Griesebner. Danach war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im vom Nationalfonds und Zukunftsfonds der Republik Österreich geförderten Sammlungs- und Archivierungsprojekt von Oral und Video History Interviews mit Verfolgten des NS-Regimes sowie für das Projekt „Klänge und Stimmen – der tönende Wiener Online-Stadtplan“ im Technischen Museum Wien/Österreichischer Mediathek. Seit März 2016 ist sie Doc-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Derzeit ist sie ÖAW/IFK_Junior Fellow.
"Praktiken nationalsozialistischer Seuchenprävention und ihre Legitimierung vor Gericht. Die Entlausungsanlage Linz in Gerichtsverfahren gegen Anton Slupetzky," in: Zeitgeschichte 42.5 (2015), pp.100-115; "Von der Seuchenbekämpfung zum NS-Massenmord. Die Tätigkeitsbereiche der Reinigungs- und Entwesungsanstalt Anton Slupetzky in Mauthausen und Gusen,“ in: Jahrbuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen 7 (2013), Vienna 2014, pp. 45-57.
ÖAW/IFK_Junior Fellow Eva Hallama veröffentlichte einen Gastbeitrag über eine beschämende und auf dem NS-Rassismus beruhende Praxis in den Lagern: "Schleusen der Unterwerfung" für science.orf.at.
100 Frauen und Männer erzählen in kurzen und kurzweiligen Geschichten Erlebnisse aus 100 Jahren. Eine Onlineausstellung der Österreichischen Mediathek.
Kuratorin: Eva Hallama, ehem. IFK_Junior Fellow im Studienjahr 2016/17
Junge Menschen schreiben einander immer weniger – wenn sie etwas mitteilen möchten, nutzen sie dafür eher Sprachnachrichten. Wirklich neu ist das Phänomen aber nicht. Zwei junge Forscherinnen untersuchen und sammeln in Wien über 100 Jahre alte Audiobriefe – quasi die „Urgroßeltern" von WhatsApp, Signal und Co.
„Zur Sicherung der deutschen Heimat gegen Seucheneinschleppung und zur Aussonderung ungeeigneter Arbeitskräfte werden sämtliche Transporte vor Erreichen des Zielortes im Grenzgebiet nochmals ärztlich untersucht und entlaust.“ (Fritz Sauckel, 1942). Eva Hallama unterzieht diese Praxis im NS-Zwangsarbeitseinsatz einer kulturwissenschaftlichen Analyse.