Unschärferelationen. Populäre Quantenphysik, der „postmodern turn“ und die kulturellen Logiken der Übersetzung
Im Fokus des Projekts steht eine kultur- und theoriegeschichtliche Analyse des sogenannten postmodern turn in den Humanwissenschaften. Diese bis heute nachwirkende Umbruchphase ist hier unter einem besonderen Blickwinkel interessant, in dem das Thema kultureller Übersetzungen zum Tragen kommt: die auffallend häufigen Bezugnahmen auf Begriffe und Modelle der Quantenphysik. In dieser kulturellen Aneignung wuchs Konzepten wie Relativität, Unbestimmtheit oder Interdependenz eine Schlüsselrolle für die Überwindung der modernen Episteme sowie für die Neuorientierung des (post)humanwissenschaftlichen Denkens zu. Das Projekt verfolgt das Ziel, den spezifischen Formen und Mechanismen kultureller Übersetzung näher nachzugehen, die bei diesem Brückenschlag zum Einsatz kamen, und beleuchtet dabei auch die Vermittlungsleistung populärer Physik.
Eva Johach ist Kulturwissenschafterin und forscht auf dem Gebiet der Kultur- und Wissensgeschichte des 18. bis 21. Jahrhunderts. 2016 habilitierte sie sich an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Studie zur Bedeutung von Insektengesellschaften für die Imaginationen moderner Vergesellschaftung. Sie promovierte mit einer Arbeit über medizinisch-politische Krebsmetaphorik im 19. Jahrhundert und war danach Postdoktorandin am DFG-Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin sowie DFG-Forschungsstipendiatin an der ETH Zürich. Nach Vertretungsprofessuren für Kulturgeschichte und Wissenschaftsforschung wechselte sie an die Universität Konstanz, wo sie derzeit über erweiterte Wirklichkeiten und die Bewusstseinskulturen der 1950er-bis 1990er-Jahre forscht.
„Die Dynamisierung des Kosmos. Charles Fouriers utopische Wissenschaft“, in: Archiv für Begriffsgeschichte 59 (2017), S. 101 – 120; „Phylogenie, Palingenesie, Panspermie. Timothy Learys imaginäre Topographien der drogeninduzierten Seelenwanderung“, in: Martin Hense und Jutta Müller-Tamm (Hg.), Poetik der Seelenwanderung, Freiburg i.Br./Berlin/Wien 2014, S. 203 – 228; „Mind Spaces. Medien des erweiterten Bewusstseins zwischen romantischem Somnambulismus und psychedelischer Revolution“, in: Eva Johach und Diethard Sawicki (Hg.), Übertragungsräume. Raum und Medialität in der Moderne, Wiesbaden 2013, S. 111 – 132.
„Transgressing Boundaries“: Unter diesem Titel parodierte Alan Sokal Mitte der 1990er-Jahre die verbreiteten Versuche, die Quantenphysik für eine „postmoderne“ Auffassung von Wissenschaft und Wirklichkeit in Anspruch zu nehmen. Was dem Physiker Sokal nur als illegitime Grenzüberschreitung erscheinen konnte, möchte Eva Johach unter dem Gesichtspunkt kultureller Übersetzung neu beleuchten.