Schaubilder. Operative Bildlichkeit und visuelle Kommunikation
Im Zentrum der vorliegenden Untersuchung steht die Thematik der bildlichen Visualisierung von Wissen. Ausgehend von einer Ausstellung im Museum of Modern Art in New York 1942 werden Themenkomplexe der technischen Zeichnung, der Bildpädagogik und des Informationsdesigns in der Zeit von 1920 bis 1950 beleuchtet und mit Theorien des scientific management verwoben. Ermittelt werden soll dabei ein grundlegendes historisches Verständnis der visuellen Wissensvermittlung, wie es sich an exemplarischen Orten – Museum, Fabrik, Designbüro, Militärbasis – manifestiert. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Medium Schaubild, das als didaktische Tafel im Ausstellungssetting, als operatives Diagramm in der Fabrik, als funktionaler Designkatalog oder als instruktive Anleitung im Militär Anwendung fand. Von hier aus ergeben sich Fragen nach den unterschiedlichen Visualisierungsstrategien und ihrer je spezifischen Formensprache, die ein visuelles Denken und Arbeiten am Bild deutlich werden lassen. Ziel ist es, die Eigengesetzlichkeiten und Wechselwirkungen der jeweiligen Fallbeispiele mit bild-, kultur- wie auch designwissenschaftlichen Fragestellungen zu konfrontieren, um letztlich eine Kulturgeschichte des Schaubildes abseits der gängigen Kanonisierung zu skizzieren.
Katharina Steidl studierte Kunstgeschichte an den Universitäten Wien, Saragossa und Berlin. 2015 schloss sie ihre mit dem DGPh-Forschungspreis für Fotografiegeschichte ausgezeichnete Dissertation zum Fotogramm im 19. Jahrhundert an der Akademie der bildenden Künste in Wien ab. Darin geht sie den „blinden Flecken“ der Fotografiehistoriografie nach, indem der weibliche Anteil an der Entwicklung des Fotogramms in den Vordergrund gerückt und gängige Ursprungserzählungen erodiert werden. Forschungsaufenthalte führten Steidl u. a. an das Zentrum für die Theorie und Geschichte des Bildes - eikones (Basel), an das Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (Berlin) sowie an das Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte (Florenz). Seit 2017 ist sie Postdoc-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in der Geschichte und Theorie der Fotografie, Geschlechtergeschichte, Wissenschafts- und Materialitätsgeschichte.
Am Rande der Fotografie. Eine Medialitätsgeschichte des Fotogramms im 19. Jahrhundert, Berlin 2018; „Impressed by nature’s hand. Zur Funktion der Taktilität im Fotogramm“, in: Uwe Fleckner, Iris Wenderholm, Hendrik Ziegler (Hg.), Das magische Bild. Techniken der Verzauberung vom Mittelalter bis zur Gegenwart (= Mnemosyne. Schriften des Internationalen Warburg-Kollegs), Berlin 2017, S. 183–201; „Le langage du mur. Brassaïs Graffitifotografien zwischen Surrealismus und Ethnographie“, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 57/2008, S. 207–237.
Weshalb gibt es eine Geschichte der Fotografie, jedoch keine des Fotogramms? Ausgehend von einer Analyse der Fotografie-Historiografie, die Fotogrammarbeiten in eine "Vorgeschichte" verlagert, widmet sich die Publikation insbesondere dem Ausschluss von Frauen als Produzentinnen kameraloser Fotografien: technizistisch wie kunsthistorisch geprägte Fotografie-Geschichten rückten "männlich" kodierte "Meisterwerke" in den Vordergrund.
Katharina Steidl ist im Sommersemester 2019 IFK_Research Fellow.
De Gruyter, 2018
In der Zeitschrift "Fotogeschichte", Heft 152, Jg. 39, Sommer 2019 erscheint eine Rezension zur neuesten Publikation von Katharina Steidl, IFK_Research Fellow im Sommersemester 2019: Kathrin Schönegg: Katharina Steidl: Am Rande der Fotografie. Eine Medialitätsgeschichte des Fotogramms im 19. Jahrhundert, Berlin: De Gruyter, 2018
Ein visuelles Denken und Arbeiten am Bild beschäftigte Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur den österreichischen Nationalökonomen Otto Neurath, sondern auch TheoretikerInnen und PraktikerInnen in den USA. Vor allem während des Visual Education Movement wurde die allgemeine Frage der visuellen Vermittlung von Wissen und dessen Aufbereitung virulent.