Anthropologische Fotografie als koloniale Bildstrategie
Der zentrale Gegenstand des Dissertationsprojektes ist eine anthropologische Fotoreihe, die während Torii Ryūzōs Expeditionen im kolonisierten Korea in den 1910er-Jahren entstanden ist. Der japanische Anthropologe übernahm eines der vom japanischen Generalgouvernement angeordneten wissenschaftlichen Projekte und untersuchte unter anderem die Menschen der koreanischen Halbinsel und ihre Kultur – für das Ziel, eine von Archäologie über Geschichtswissenschaft bis hin zu physischer Anthropologie weitreichende Rassenkunde zu schreiben. Die Dissertation analysiert die Fotoreihe unter der Fragestellung nach dem Kanon sich wissenschaftlich verstehender Fotografie und ihren epistemologischen Stellenwerten in der anthropologischen Wissensproduktion. Dadurch sollen nicht nur koloniale Bildstrategie und der wissenschaftliche Rassismus innerhalb des japanischen Imperiums, sondern auch globale Prozesse der Aneignung, Transformation und Zirkulation von Wissen(schaft) aufgezeigt werden.
Jeehye Kim ist Doktorandin in der Abteilung Kunstgeschichte der Paris Lodron Universität Salzburg und DOC-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ab Juli 2022. Nach ihrem zweijährigen Studium der Fotografie an der Kaywon University of Art & Design in Uiwang-si, Südkorea, studierte sie Kunstgeschichte und Geschichte an der Freien Universität und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Forschungsinteressen sind wissenschaftliche Bilder, Fotografie, transkulturelle Kunstgeschichte und postkoloniale Theorie.
»Das Schweizer Kind Heidi (syeo-syeo-gug eo-lin-i ha-i-dui)«, in: Matthias Weiß, Tanja Michalsky (Hg.), Blick Richtung Europa? Dreißig ›außereuropäische‹ Objekte geben Antwort, München: Hirmer 2024. S.198-207.
»… wie kann man aber in den afrikanischen und anderen Kolonien Absatzgebiete suchen und schaffen wollen, ohne über Natur und Art der Eingeborenen auf das Genaueste unterrichtet zu sein! Wissen ist Macht.« (Felix von Luschan, 1906)