Seeing Law: Autorität und Legitimität in einer Post-9/11 Welt
Im Mai 2011 wurde Osama bin Ladens extraterritoriale, außerjuristische Ermordung durch die USA als legitime Ausübung von Gerechtigkeit gefeiert. Ähnlich zelebriert wurde in einem Echo dieser Ereignisse die Ermordung des IS-Führers im Oktober 2019. Was sagt uns diese Missachtung konventioneller Orte und Prozesse (Gerichte, Gerichtsverfahren) sowie Akteur_innen (Anwält_innen, Richter_innen) des Rechts über die Übersetzungsdynamiken, die unser heutiges Recht formen? Seeing Law beleuchtet die Übersetzungsarbeit, die im Überbrücken von Traditionen der Rechtmäßigkeit und einem kulturellen post-9/11 Klima liegt. Für die globalisierten, mediatisierten Zuschauer_innen-Konsument_innen-Subjekte unter uns ist dieses kulturelle post-9/11 Klima gekennzeichnet von der Vorherrschaft offizieller und öffentlicher Äußerungen von Angst und Wut, in Kombination mit der zunehmenden Militarisierung und Dominanz visueller Kultur. Im Gegensatz zu dieser kulturellen Umwelt erkennt das Recht traditionellerweise die Autorität von Wörtern und Rationalität an. Wie sollen wir vor diesem Hintergrund die Aufgabe wahrnehmen, aus kulturellen Texten das Recht in seinen aktuellen Formen herauszulesen? Seeing Law kombiniert Empirie und Theorie in einer Analyse der paradigmatischen Arten und Weisen, wie das Recht heute quer durch rechtliche, kulturelle und politische Texte repräsentiert wird.
Jothie Rajah ist Forschungsprofessorin an der American Bar Foundation in Chicago. Sie untersucht die Relationen zwischen Recht, Sprache und Macht und widmet sich dabei insbesondere den Übersetzungen, die zwischen Machtinteressen und Recht im Medium der Sprache wirksam werden. Sie interessiert sich vor allem für die Rolle von Bildern, Worten und Affekten in der Übersetzung von ent-demokratisierenden Narrativen der Autorität und Legitimität.
“Law, Politics, and Populism in the USA PATRIOT Act,” in: Indiana Journal of Global Legal Studies, 26:1, 2019, p. 61-86; “A Minor Jurisprudence of Spectacular War: Law as Eye in the Sky,” in: Law Text Culture 21, 2017, p. 252-275; “Law as Record,” in: No Foundations 13, 2016, p. 45-69; “Sinister Translations: Law’s Authority in a Post-9/11 World,” in: Indiana Journal of Global Legal Studies 21, 2014, p. 107-143; “Language-and-Law Scholarship: An Interdisciplinary Conversation and a Post-9/11 Example,” in: Annual Review of Law and Social Science 10, 2014, p. 169-183 (with E Mertz).
Cambridge University Press, October 2022.
Author: Jothie Rajah (IFK_Senior Fellow, Springterm 2020)
On 27 October 2019, President Trump announced that US Special Forces had killed the leader of ISIS. What does this killing – an extraterritorial, extrajudicial assassination – mean for law? This lecture argues that events like this killing effect a translation of liberal legality into necropolitical law.
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