Judith Laister
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2006 bis 31. Januar 2007

Feldforschung und Fiktion. Blick-Kontakt und Bild-Transfer zwischen Kunst und Kulturanthropologie



PROJEKTBESCHREIBUNG

Visuelle Anthropologie und Ethnografie erleben seit den 1990er-Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung. Neue Medientechnologien und Bildalltage sowie die Etablierung der Bildwissenschaften und Visual Culture Studies haben einen Iconic Turn im Bereich der Kulturanthropologie eingeleitet. Einen Beitrag zu dieser visuellen Wende leistete auch die Krise der ethnografischen Repräsentation in den 1980er-Jahren. Seit in der Writing-Culture-Debatte ethnografische Texte als subjektive, hegemoniale Narrationen dekonstruiert wurden, hat nicht nur die positivistische Kritik am fiktiven Gehalt von Bildern an Wirkungsmacht verloren. Vielmehr wird ihre Mehrdeutigkeit als Qualität entdeckt und der Einsatz reflexiver visueller Verfahren in Feldforschung und Repräsentation als Möglichkeit betrachtet, die "Anderen" (selbst) sprechen und blicken zu lassen.

Während sich im Bereich der Kulturanthropologie ein Iconic Turn abzeichnet, sprechen Kunsttheoretiker seit den 1980er-Jahren von einem Ethnographic Turn in der zeitgenössischen Kunst. Das Interesse am Fremden, aber auch am eigenen Anderen und Alltäglichen, an Identität und Alterität nimmt ebenso zu wie die Adaption ethnografischer Methoden. Begleitet wird der künstlerische Blick auf das "Andere" und "Eigene" im alltäglichen Handlungsfeld von einer kunsttheoretischen Diskussion über die hegemoniale Kraft des Blickens und Zeigens. An dieser Schnittstelle der repräsentationskritischen Frage nach "Picturing Culture" und visuellem "Othering" setzt das Projekt "Feldforschung und Fiktion" an. Es verfolgt – vor dem Hintergrund von Dialog und Differenz im Prozess der Feldforschung – historische Parallelen, Ideentransfers, methodische Ähnlichkeiten und thematische Überlappungen zwischen Kunst und Kulturanthropologie. Durch den Vergleich von künstlerischen und wissenschaftlichen Feldforschungs- und Bildpraktiken sollen Möglichkeiten und Grenzen eines transdisziplinären Forschungsansatzes ausgelotet werden.



CV

Lehrbeauftragte an der Universität Graz



Publikationen

U. a.: Schöne neue Stadt. Produktion und Rezeption postindustrieller Stadt-Bilder am Beispiel von Linz/Donau, Münster 2004; Hg. (mit Peter Arlt), Seltene Urbane Praktiken. Beiträge zu Aktionen im öffentlichen Raum, Graz 2005; Städtische Störzonen. Lesarten zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum, Frankfurt/Main 2005.