„Diktatoren swingen nicht“ – Zeithistorisch-biographische Spurensuche zu Jazz, Psychoanalyse und Nationalsozialismus
Psychoanalyse und Jazz sind zwei herausragende kulturelle Schöpfungen des 20. Jahrhunderts, die auf den ersten Blick kaum etwas verbindet und doch so viel gemeinsam haben. Nicht nur praktisch in der „freien Assoziation“ versus „freien Improvisation“, oder im „kontrollierten Kontrollverlust“ (Konrad Heiland), oder im professionellen Beziehungsgeschehen durch die „gleichschwebende Aufmerksamkeit“ der einzelnen ProtagonistInnen, sondern quasi per definitionem, wie es etwa Anna Freud an August Aichhorn formulierte: „Die Psychoanalyse kann nur dort gedeihen, wo Freiheit des Gedankens herrscht“ versus: Freiheit und Individualität als historische Grundkonstanten des Jazz (Joachim Ernst Berendt), die sich auch implizit im Widerspruch zu totalitären Systemen befinden müssen. Dieser Widerspruch lässt sich aus vielen Blickwinkeln beleuchten, so auch durch Analyse biografischer Lebensgeschichten von Otto Rank bis Karl Farkas und vieler ProtagonistInnen der Jazzgeschichte.
Karl Fallend studierte Psychologie an der Universität Salzburg, 1994 Habilitation an der Universität Klagenfurt. Lehrtätigkeit an vielen österreichischen Universitäten. War Mitarbeiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte und Gesellschaft und zuletzt am August-Aichhorn-Institut der FH Joanneum in Graz. Ebendort Mit-Herausgeber der Schriftenreihe zur Geschichte der Sozialarbeit und Sozialarbeitsforschung. Mitglied der Historikerkommission zur Aufarbeitung der Zwangsarbeit in den ehemaligen Hermann-Göring-Werken in Linz. Aus dieser sozialpsychologischen Forschung entstand 2002 das Theaterstück „An wen soll ich schreiben? An Gott?“. 35 Jahre lang Mit-Herausgeber: „WERKBLATT. Zeitschrift für Psychoanalyse und Gesellschaftskritik“. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Psychoanalyse, Psychologie und Menschenrechte und Aufarbeitung des Nationalsozialismus.
Mimi & Els. Stationen einer Freundschaft. Marie Langer – Else Pappenheim – Späte Briefe, Wien 2019; Unbewusste Zeitgeschichte. Psychoanalyse – Nationalsozialismus – Folgen, Wien 2016; gem. mit Thomas Aichhorn (Hg.), August Aichhorn, Vorlesungen. Einführung in die Psychoanalyse für Erziehungsberatung und Soziale Arbeit, Wien 2015; Caroline Newton. Jessie Taft. Virginia Robinson, Spurensuche in der Geschichte der Psychoanalyse und Sozialar- beit, Wien 2012.
Autorengespräch:
Donnerstag, 9. Jänner 2020, 12:00, Seminarraum 1, Institut für Zeitgeschichte, Universitätscampus, Spitalgasse 2-4/Hof 1, 1090 Wien
Autoren:
Gabriella Hauch ist Professorin für Geschichte der Neuzeit / Frauen- und Geschlechtergeschichte am Institut für Geschichte der Universität Wien.
Karl Fallend, Sozialpsychologe, zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Psychoanalyse und Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Derzeit IFK_Gast des Direktors.
Dieses historische Interview ist an sechs aufeinanderfolgenden Sonntagnachmittagen, in sechs Teilen in voller Länge zu sehen. ExpertInnen und WeggefährtInnen vertiefen nach der Präsentation in einem Gespräch das Erzählte, steuern Selbsterlebtes, Wissenschaftliches und Anekdotisches bei.
Sonntag, 26. Jänner 2020, 15:30 Uhr, Filmmuseum, im Anschluss im Gespräch:
Eva Blimlinger, Abgeordnete zum Nationalrat, im Gespräch mit Karl Fallend, IFK und Bertrand Perz, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Die beiden aus Wien emigrierten Psychoanalytikerinnen, Marie Langer und Else Pappenheim, waren seit Kindheitstagen befreundet. An ihrem Lebensabend tauschten sie in Briefen ihre Erinnerungen aus – zwischen New York und Mexico City. Karl Fallends biografische Recherchen beleuchten neue Facetten der Lebensentwürfe dieser beiden Frauen.