Klaus Hödl
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 1998 bis 30. Juni 1999

Die Juden Wiens im medizinischen Diskurs



PROJEKTBESCHREIBUNG

Antisemitismus war um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine weitverbreitete Erscheinung. Ein Aspekt der antijüdischen Vorurteile betraf das angeblich spezifische nosalogische Verhalten der Juden: Sie schienen für eine Reihe von Krankheiten eine größere Empfänglichkeit oder gegen einige Leiden eine stärkere Immunität als Nichtjuden zu besitzen. Die Diskussion über eine spezifische jüdische Krankheitsdisposition gewann eine neue Dimension, als Juden begannen, an ihr zu partizipieren. Aus einer Debatte mit einer ausgeprägt antijüdischen Stoßrichtung wurde zunehmend eine innerjüdische Kontroverse über die Legitimität verschiedener Formen der Lebensgestaltung. Die jüdischen Diskussionsbeiträge wurden im Rahmen von zwei Argumentationslinien vorgetragen. Beiden war gemein, daß sie nicht auf eine strikte Zurückweisung der Vorstellung von einer besonderen jüdischen Krankheitsanfälligkeit abzielten. Statt dessen griff ein Teil der Judenschaft diese medizinische Anschauung auf, um die mangelnde Akkulturationsbereitschaft als eine Gefährdung der Gesundheit darzustellen. Eine andere Gruppe von Juden sah in einer religiös bestimmten Lebensführung eine Prävention gegen bestimmte Krankheiten. Im Vortrag rekonstruiert und analysiert Klaus Hödl beide jüdischen Argumentationskontexte. An ihnen versucht er die spezifische Problematik jüdischer Existenz in Wien um die Jahrhundertwende darzustellen.



CV

Mag. Dr. phil., geb. 1963, studierte Geschichte und Fächerkombination in Graz, Forschungsaufenthalte an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Columbia UniversityNew York und in Israel; 1990 Promotion; 1993-1997 Vertragsassistent, Abteilung Zeitgeschichte an der Universität Graz.



Publikationen

Vom Shtetl an die Lower fast Side. Galizische Juden in New York (Wien 1991 ), Als Bettler in die Leopoldstadt. Galizische Juden auf dem Weg nach Wien (Wien 1994), Hg. Der Umgang mit dem ,.Anderen". Juden, Frauen, Fremde (Wien 1996), Die Pathologisierung des jüdischen Körpers. Antisemitismus, Geschlecht und Medizin im Fin de Siècle (Wien 1997).