Kristin Marek
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. März 2006 bis 30. Juni 2006

Bild, Blick und Recht. Die Regie des Blicks und die Bildlichkeit politischer Praktiken



PROJEKTBESCHREIBUNG

Der Streit zwischen Bild und Text ist ein alter, und bis in unsere Tage hat sich der Ikonoklasmus des positiven Rechts erhalten. Dieser vonseiten des Rechts postulierte bildfreie Raum war Teil einer Strategie, eine Sphäre vorgeblich reiner, wahrer Objektivität zu behaupten und das Unwahre, Verfälschende gleichzeitig den Bildern und dem Visuellen zuzuordnen. Doch das Recht kommt in vielerlei Hinsicht nicht ohne Bilder aus, denn nur durch sie kann anschaulich und konkret werden, was ansonsten abstrakt, unkonkret und der Anschauung entzogen bliebe. Sein Vollzug und seine Manifestation sind an eine Fülle von Inszenierungen, differenzierten Performanzen und Visualisierungen gebunden, die von einer strengen und genau kalkulierten Regie des Blicks bestimmt werden. Abgesehen von relativ offensichtlichen Einwirkungen des Rechts auf die Bilder, wie ihre normative Reglementierung und Kontrolle, gab und gibt es auch eine Beeinflussung in umgekehrter Richtung, also der Bilder auf das Recht. Sie erschöpft sich nicht allein darin, dass – worauf schon einmal Ernst Kantorowicz hinwies – die Person des Juristen und des Künstlers nicht selten in eins fällt und Figuren der Selbstwahrnehmung oder der Aufgabenbereiche strukturelle Parallelen aufweisen. Es bestehen zudem komplexe und verwobene Verbindungen, welche – sehr allgemein formuliert – der Bereich des Sichtbaren (des Bildes) mit dem Bereich des Unsichtbaren (dem des Rechts), also das Anschauliche mit dem Abstrakten, seit jeher unterhält. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig eine Nachträglichkeit des Bildes, welches ein schon bestehendes Abstraktum post quem konkretisiert und anschaulich macht. So zeigt ein Blick in die Geschichte, dass sich die Verkörperung des Rechts nicht allein im Text materialisiert, sondern in besonderem Maße auch visuell. Für das europäische Mittelalter, das mehr als eine Kultur des Visuellen denn des Textes gelten kann, sind solche Verbindungen nicht erstaunlich. Hier finden sich zahlreiche Belege für eine Bild-Rechts-Geschichte, die noch wenig erforscht ist.



CV

Postdoktorandin am Graduiertenkolleg "Mediale Historiographien" und Lehrbeauftragte an der Bauhaus-Universität Weimar



Publikationen

U. a.: Körperförmiges Rechtsdenken und bildförmige Politik. Die Repräsentation des Königskörpers in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Markus Fauser und Dirk Niefanger (Hg.), Körperrepräsentationen in der Frühen Neuzeit (Wolfenbüttler Barock-Nachrichten), Wolfenbüttel 2005, S. 39–56; Das doubelnde Bildnis des christlichen Königs, in: Victor Stoichita (Hg.), Das Double (Wolfenbütteler Studien), Wolfenbüttel 2005 (im Druck); Bild-Mentalitäten-Geschichte. Ghirlandajos Florentiner Sassetti-Bildnisse in Santa Trinità und das Plattencover des Beatles-Albums "Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band", in: Birgit Mersmann und Martin Schulz (Hg.), Kulturen des Bildes, Paderborn 2006; gem. mit Katrin Kärcher, Raphaèle Preisinger und Marius Rimmele (Hg.), Bild und Körper im Spätmittelalter, Paderborn 2006.