Die Kunst der Vermittlung. Übersetzung in Diplomatie und Literatur
Das Projekt widmet sich den Praktiken und Konzepten der Übersetzung in Diplomatie und deutschsprachiger Literatur von der Frühen Neuzeit bis zur Romantik und steht im Kontext eines größeren Forschungsvorhabens zur Poetik des Diplomatischen. Einerseits soll die Diplomatie als eine zentrale Form politischer Vermittlung, Verhandlung und Repräsentation in den Blick genommen werden, die seit ihrer flächendeckenden Etablierung in Europa im 17. Jahrhundert nicht nur auf interkulturelle Übersetzung angewiesen ist, sondern als deren Möglichkeitsbedingung fungiert. Als Praxis, die maßgeblich im Medium der Sprache und Schrift operiert, ruft sie zudem zwangsläufig sprachpolitische Kontroversen auf, die um die Funktion von Mehrsprachigkeit, einer lingua franca und der Übersetzung als elementarer Voraussetzung nationaler und internationaler Verständigung kreisen. Andererseits wird entlang der wirkmächtigen Personalunion des Schriftsteller-Diplomaten die Literatur als kulturelle und ästhetische Praxis untersucht, in der die neuen Figuren politischer Repräsentation, die Kommunikations- und Interaktionsformate und die rechtlich-politischen Szenarien der Diplomatie in eine poetische Form übersetzt, reflektiert und kommentiert werden.
Mareike Schildmann studierte Neuere deutsche Literatur und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und verfasste ihre Dissertation zu Robert Walser und dem Kindheitswissen der Moderne. Von 2015 bis 2018 war sie wissenschaftliche Assistentin am Deutschen Seminar der Universität Zürich, seit 2018 ist sie Postdoc am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL), Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen: Wissen und Literatur, Kulturgeschichte der Kindheit und literarische Form- und Gattungssemantiken.
„Institutio/n und Affekt in Kleists Allerneuster Erziehungsplan", in: Philipp Hubmann und Thorben Päthe (Hg.): Institutionengeschichten, Göttingen 2020 (im Erscheinen); „Die Spuren des Stoffs. Ermittlungsrausch in Friedrich Glausers Die Fieberkurve“, in: Sprache und Literatur. Zeitschrift für Medien und Kultur, 2/ 2019, S. 57-89; Poetik der Kindheit. Literatur und Wissen bei Robert Walser, Göttingen 2019; „Poetik der Seelenmechanik. Puppen, Kinder und Automaten in E. T. A. Hoffmanns Nußknacker und Mäusekönig", in: gem. mit Davide Giuriato und Philipp Hubmann (Hg.), Kindheit und Literatur: Konzepte, Poetik, Wissen, Freiburg i.Br. 2018, S. 225–254; gem. mit Felix Rietmann u. a., „Knowledge of Childhood. Materiality, Text, and the History of Science. An Interdisciplinary Round Table Discussion“, in: BJHS3, 2017, S. 111–141.
Der „ächte Übersetzer“, so der Dichter und Indologe A. W. Schlegel, fungiert als „Bote von Nation zu Nation“. Der Vortrag fragt nach dem Stellenwert einer Kulturtechnik des Diplomatischen in der Romantik, in der Übersetzungs- und Vermittlungsprobleme – ästhetischer, kultureller und politisch-rechtlicher Natur – in das Zentrum philosophischer Reflexionen rücken.