Martin Schulz
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. März 2008 bis 30. Juni 2008

Blick und Anblick. Die symbolische Ökonomie der TV-Gesichter



PROJEKTBESCHREIBUNG

Es ist so leicht und ritualisiert, sich per Tastendruck das Gesicht einer Nachrichtensprecherin auf den häuslichen Bildschirm zu holen, es in intimer Nähe, aber aus sicherer Distanz anzublicken, ohne dabei selbst gesehen und gehört zu werden. Das telepräsente Gesicht ist dabei stets ein kulturell inszeniertes, von Medien nur animiertes Bild-Gesicht, das lebendig scheint, aber nicht lebendig ist. Mehr noch: Es zeigt sich insofern als Bild in einem Bild, als das übertragene Bild-Gesicht bereits von einem geschminkten Gesicht vorgegeben ist, dessen Mimik wiederum kulturellen Konventionen unterliegt und im Blick der BetrachterInnen als Oberfläche eines möglichen Bildes erfahren wird. Jedes TV-Gesicht ist daher in eine lange Verkettung von Vor- und Vorstellungsbildern, Nachbildern und Wahrnehmungsbildern eingebunden. Um die vielen Schichten zwischen den natürlichen Gesichtern und ihren entkörperlichten, technisch neu konfigurierten, massenmedial zerstreuten und milliardenfach wahrgenommenen Bildgesichtern, die in einem buchstäblichen Sinne entlarvt werden können und anzeigen, dass auch in die modernsten elektronischen Bilder - bei allen grundlegenden Unterschieden - das anachrone Bild-Prinzip der Maskierung ragt, wird es in diesem Projekt gehen.



CV

Martin Schulz ist Privatdozent im Fachbereich "Kunstwissenschaft und Medientheorie" der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.



Publikationen

u. a.: Ent-Larvung der Bilder. Zum Anachronismus der TV-Gesichter, in: Hans Belting (Hg.), Bilderfragen. Bildwissenschaften im Aufbruch, München 2007, S. 285-306; Die Sichtbarkeit des Todes in der Fotografie, in: Thomas Macho, Kristin Marek (Hg.), Die neue Sichtbarkeit des Todes, München 2007, S. 401-425; gem. mit Birgit Mersmann (Hg.), Kulturen des Bildes, München 2006; Ordnungen der Bilder. Eine Einführung in die Bildwissenschaft, München 2005; Die fotografische Repräsentation der Schoah. Zur ikonoklastischen Kritik ihrer bildmedialen Vergegenwärtigung, in: Bettina Bannasch, Almuth Hammer (Hg.), Verbot der Bilder - Gebot der Erinnerung. Mediale Repräsentationen der Schoah, Berlin 2004, S. 191-210.