Adolph Menzels Indianer-Café im Prater. Amerikainszenierungen auf Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts
Exotische Restaurants und Cafés gehörten auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts beim Laienpublikum zu den beliebtesten Attraktionen. Hier konnten Besucher*innen nicht nur Gerichte und Getränke fremder Länder, sondern auch deren Bewohner*innen kennenlernen. Das sogenannte Indianer-Café der Wiener Weltausstellung von 1873 fügt sich allerdings nicht problemlos in die Geschichte vergleichbarer Einrichtungen. Denn in dem von New Yorker Unternehmern errichteten Tipi wurden die Modegetränke des weißen Amerika, die Cocktails, weder von dessen Repräsentant*innen, noch von American Indians, sondern (nur wenige Jahre nach dem offiziellen Ende der Sklaverei in den USA) von Schwarzen Amerikanern serviert. In dem Projekt geht es um Adolph Menzels Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Amerikabild, wie es auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts in Europa, besonders auf derjenigen in Wien, inszeniert wurde.
Monika Wagner studierte Malerei an der Kunstakademie in Kassel, dann Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften in Hamburg und London. Sie war wissenschaftliche Assistentin an der Universität Tübingen, wo sie 1986 habilitiert wurde. Von 1987 bis 2009 lehrte sie Kunstgeschichte an der Universität Hamburg und leitete das Funkkolleg Moderne Kunst. Am Hamburger Seminar baute sie das Archiv zur Erforschung der Materialikonografie auf. Arbeitsschwerpunkte betreffen die Kunst des 18.–20. Jahrhunderts, die Geschichte und Theorie der Wahrnehmung, die Gestaltung öffentlicher Räume und besonders die Semantik künstlerischer Materialien (Das Material der Kunst, 2001). Fellowships am Wissenschaftskolleg zu Berlin und dem Getty Research Center in Los Angeles boten die Möglichkeit, die Materialanalysen auf die Architektur auszudehnen (Marmor und Asphalt, 2018). Als Fellow der Forschergruppe »Bildevidenz« der FU Berlin erarbeitete sie das Buch Kunstgeschichte in Schwarz-Weiß. Reproduktion und Methode (2022).
»Die erste Londoner Weltausstellung als Wahrnehmungsproblem«, in: Ferrum. Nachrichten aus der Eisenbibliothek ... Schaffhausen, Nr. 66, 1994, S. 31–39.
»Die organisierte Wahrnehmung. Mobilität und liquide Architektur in frühen Weltausstellungen«, in: Georg Kohler und Stanislaus v. Moos (Hg.), Expo-Syndrom? Materialien zur Landesausstellung 1883–2002, (Zürcher Hochschulforum Bd. 32), Zürich 2002, S. 21–39.
Das Material der Kunst. Eine andere Geschichte der Moderne, München 2001.
William Turner, München 2011.
Marmor und Asphalt. Soziale Oberflächen im Berlin des 20. Jahrhunderts, Berlin 2018.
Kunstgeschichte in Schwarz-Weiss. Reproduktionstechnik und Methode, Göttingen 2022.
1873 reiste der durch seine Historienbilder Friedrichs des Großen berühmte Berliner Maler Adolph Menzel zur ersten Weltausstellung im deutschsprachigen Raum nach Wien. Doch widmete er sich weder den Exponaten noch dem Industriepalast mit der gigantischen Rotunde, dem Wahrzeichen der Wiener Weltausstellung, sondern einem vergleichsweise winzigen temporären Zelt: dem sogenannten Indianer-Café.