Relationen der Verwüstung: Kollektivität in Umweltkrisen-Erzählungen
Dieses Forschungsprojekt befasst sich mit dem kulturellen und politischen Wendepunkt um 1970, den der Historiker Joachim Radkau als die „ökologische Explosion“ bezeichnet. Die starke Vermehrung an Diskursen um „Umwelt“ um 1970 führte zu neuen Strömungen von künstlerischen und erzählerischen Werken, die sich mit Ängsten vor einer planetarischen Katastrophe befassten (z. B. durch Verschmutzung, Degradierung und Verarmung natürlicher Ressourcen oder atomare Desaster). Die geplante Monografie Relationen der Verwüstung erforscht diese literarische Wende durch die Analyse von Werken österreichischer und westdeutscher SchriftstellerInnen, die spezifisch mit der Neuen Linken assoziiert waren. Häufig interessierten sich diese für den Weg „alternativer“ Modelle der Kollektivität und Gemeinschaftsbildung, die gerade in einer ökologischen Krisensituation ermöglicht werden. Als literaturhistorische Arbeit konzentriert sich dieses Projekt auf Texte, die in gegenkulturellen bzw. „alternativen“ Literaturzeitschriften und Kleinverlagen erschienen sind, um ein breites Spektrum der kreativen und kritischen Werke ans Licht zu bringen, die versuchten, eine neue Gesellschaft angesichts planetarer Bedrohung vorzustellen.
Paul Buchholz ist seit 2019 Associate Professor of German Studies an der Emory University in Atlanta, USA. Als Literaturwissenschafter untersucht er erzählende Texte der Moderne und Postmoderne als imaginatives Medium für die kritische Auseinandersetzung mit herrschenden Modellen des menschlichen Zusammenseins und für die Erfindung von alternativen Formen der Kollektivität. Er studierte Germanistik an der University of Wisconsin (B.A.) und an der Cornell University (Ph.D.). Von 2011 bis 2019 war er Assistant Professor of German Studies am Scripps College in Südkalifornien, an der University of California Berkeley und der Emory University. Seine Monografie Private Anarchy: Impossible Community and the Outsider’s Monologue in German Experimental Fiction erschien 2018 bei Northwestern University Press; das Buch analysiert die Kunst des nihilistischen Monologs im 20. Jahrhundert als Auseinandersetzung mit der Problematik der sozialen Entfremdung und der Idee der „Gemeinschaft“.
Private Anarchy: Impossible Community and the Outsider’s Monologue in German Experimental Fiction, Chicago 2018; "Ecological Pessimism and the Pronouns of the Future in Nicolas Born’s ‚Radikale Ernte‘ (1975)," in: German Quarterly 92:3, 2019, S. 365–383; "Out of a Job: Giving Notice in ,The Tanners‘ and ,The Assistant‘,“ in: Samuel Frederic, Valerie Heffernan (Hg.), A Companion to Robert Walser, Chicago 2018; "Eco-Romanticism: Terézia Mora’s ,Der einzige Mann auf dem Kontinent‘ and the Re-reading of Marlen Haushofer’s ,Die Wand‘,“ in: Gegenwartsliteratur: A German Studies Yearbook 14, 2015, S. 147–169.
Die ökologischen Bewegungen in Österreich und Westdeutschland nach 1968 versprachen „alternative“ Formen des menschlichen Zusammenseins, die nicht auf Ausbeutung von Natur und Menschen beruhen sollten. Dieser Vortrag untersucht kritische Reflexionen zu solchen Versprechen der „Alternative“ in der zeitgenössischen gegenkulturellen Literatur.