Zwischen Traum und Technologie. Ein anthropologisch-historischer Blick auf die ›maschinelle Imagination‹
Angesichts generativer AI wird häufig von »träumenden Maschinen« gesprochen. Um ihre schwer verständlichen Funktionsweisen zu vermitteln, dient der Traum als gleichermaßen zugängliche und mystifizierende Metapher. Bereits seit Beginn der Moderne werden Traum und Technologie als Modell der Erklärung füreinander verwendet, um die Unbestimmtheit des einen im Bild des anderen zu spiegeln. Beide verweisen dabei letztlich auf die anthropologische Unbestimmtheit des Menschen, die stetig interpretiert werden will. Die Idee, den Traum und die Imagination als maschinelle Prozesse zu begreifen, ist oft emanzipativ und subversiv in Kunst, Kultur und Theorie eingesetzt worden, während sie auf anderen Wegen von der kapitalistischen Technologie-Expansion vereinnahmt und genährt wurde. Eine Genealogie dieser dem Spannungsfeld zwischen Traum und Technologie entsprungenen »maschinellen Imagination« steht im Fokus dieses Projekts, das fragt, wie heute mit, trotz und an die Grenzen der Maschine gedacht werden kann.
Peter Kortmann ist bildender Künstler und studierte an der Universität der Künste Berlin. Ein wiederkehrendes Motiv seiner Arbeit ist der Einfluss technischer Medien auf die Bedingungen der Kunstproduktion, den er durch den Einsatz klassischer Medien reflektiert. In seinen Performances maschinisierte er das Zeichnen, während seine Zeichnungen und Objekte vom Umgang mit digitalen Maschinen zeugen. 2019 generierte er erstmals Bilder mithilfe von »Machine Learning«-Algorithmen. Die Beschäftigung mit deren theoretischen Grundlagen und den gesellschaftlichen Folgen ihrer Anwendung verstärkte sein Interesse an anthropologischen und historischen Fragestellungen bezüglich der Zusammenhänge zwischen Technologie, Kunst und Politik. Damit begann seine wissenschaftliche Forschung in diesem Themenfeld. Seit 2022 promoviert er im Fach Kunsttheorie bei Helmut Draxler an der Universität für angewandte Kunst Wien.