Petra Bopp
ifk Gast der Direktion


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2014 bis 31. Januar 2015

Fotoalben der Wehrmachtssoldaten als Dispositiv für ästhetische Figurationen von Ordnungsverlust



PROJEKTBESCHREIBUNG

Private Kriegsalben sind individuell konstruierte Erinnerungsräume einer ganzen Generation. Sie geben den Blick frei auf die visuellen Zeugnisse der Soldaten, ihre Sicht auf den Krieg. Die Vielschichtigkeit im Hinblick auf fotografische Intention, Motiv und Bedeutung unterscheidet die private Fotografie von den Einzelmotiven professioneller Propaganda-Kompaniefotografen, die ideologisch eindeutige Aufträge zu erfüllen hatten.

Vorgefertigte Alben mit den Insignien des Nationalsozialismus – Hakenkreuz, Eichenlaub und Adler – sollten mit den Fotos von Hitler, Göring und anderen Generälen auf Vorsatzblättern die Ideologisierung dieses militarisierten Teils der „Volksgemeinschaft“ in den „Erinnerungen an meine Dienstzeit“ vorantreiben. In den letzten Kriegs- und frühen Nachkriegsjahren entstanden aber auch Konvolute, häufig in schlechter Papierqualität und als einfache Hefte, die von dem dringenden Bedürfnis zeugen, Fotos der traumatischen Kriegsjahre zu bewahren.

Was lässt sich aus der medialen Aneignung mittels Fotografie zwischen Kommunikation, Distanz und Unterwerfung schließen? Inwieweit wird die ideologische Rhetorik des NS-Regimes, werden die verbalen und visuellen Feindbilder der Propaganda reproduziert? Wie sehen die unterschiedlichen räumlichen Ordnungssysteme im Album aus? Was lässt sich aus der oft chaotischen Montage der Bilder und ihrer Beschriftung erschließen? Was sagen die Text-Bild-Kombinationen über die Selbstvergewisserung der Soldaten aus? Wie lässt sich die Zerrissenheit zwischen subjektivem Erleben und repräsentativer Darstellung erfassen? Welche Rolle spielen die Bilder und ihre Narration im großen Verschweigen der Nachkriegsjahre?

Nach der Ausstellung und dem Buch „Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg“ (2009 ffmöchte ich die oben genannten Fragen an ausgewählten Beispielen aus dem Projektbestand erörtern.



CV

Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Ethnologie in Hamburg und Paris war Petra Bopp von 1995 bis 2001 Koordinatorin der Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“. Von 2004 bis 2008 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Forschungsprojekt „Fremde im Visier. Privatfotografien der Wehrmachtssoldaten im Zweiten Weltkrieg“ an den Universitäten Oldenburg (Kunstwissenschaft) und Jena (Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts). Sie kuratierte die daraus entstandene Wanderausstellung „Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg“. Von 2013 bis 2014 war sie Fellow in der Kolleg-Forschergruppe „BildEvidenz. Geschichte und Ästhetik“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin mit dem Folgeprojekt „Regards croisés dans l’Europe en guerre (1939–45)“.



Publikationen

Images of Violence in Wehrmacht Soldiers’ Private Photo Albums, in: Jürgen Martschukat, Silvan Niedermeier (Hg.), Violence and Visibility in Modern History, New York 2013, S. 181–197; Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg, Bielefeld 2009 (2. Aufl. 2012); With Camera in Combat: German Soldiers’ Photoalbums of World War II, in: Graeme Farnell (Hg.), The Photograph and the Collection, Edinburgh 2013, S. 547–594; Les images photographiques dans les expositions sur les crimes de la Wehrmacht ou comment l’histoire devient intime, in: Sophie Wahnich (Hg.), Fictions d’Europe, Paris 2003, S. 189–209.

Wandzeitung: Frau im Fluss. Ein Wehrmachtsalbum aus der Ukraine 1942

Wandzeitung: Frau im Fluss. Ein Wehrmachtsalbum aus der Ukraine 1942

Atelier Steinbrener, Dempf und Huber, Ecke Rotensterngasse/Glockengasse, 1020 Wien

Siebzig Jahre nach Kriegsende werden private Fotoalben der Soldaten aus den Kellern ans Tageslicht gebracht. Die Fotos zeigen uns, wie der Krieg gesehen wurde. Sie zeigen Gewalt und Zerstörung, Unsicherheit und Angst, verdächtige Ruhe. Was erkennen wir in diesen verschütteten Überresten der Erinnerung?

KONZEPTION: Petra Bopp (Hamburg), Helmut Lethen (IFK Wien),
Eine Kooperation des IFK mit Petra Bopp und Steinbrener / Dempf & Huber

http://www.steinbrener-dempf.com/wandzeitung/

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Fremde im Visier - Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg

Die Ausstellung präsentiert von 14. Oktober 2016 bis 19. Februar 2017 Fotoalben aus dem Privatbesitz ehemaliger Wehrmachtssoldaten. Die Bilder hatten sie oft selbst fotografiert und während oder auch kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zu Alben zusammengestellt. Sie zeigen den direkten Blick deutscher und österreichischer Soldaten auf fremde Menschen, überfallene Landstriche, umkämpfte Kriegsschauplätze und Kulturdenkmäler in den besetzten Ländern, ebenso wie den normalen Kriegsalltag an der Front. Eine Ausstellung im "Volkskunde Museum Wien". Kuratorin: IFK_Gast des Direktors Petra Bopp.

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